Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Streitwerts in einem Verfahren der vertragsärztlichen Zulassung
Orientierungssatz
1. Nach § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwerts nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist dessen Interesse am Ausgang des Verfahrens.
2. In Zulassungsangelegenheiten der vertragsärztlichen Versorgung ist der Streitwert regelmäßig in Höhe des Umsatzes anzusetzen, den der Arzt bei erlangter Zulassung innerhalb der nächsten Zeit aus vertragsärztlicher Tätigkeit erzielen könnte abzüglich des Praxiskostenanteils (BSG Beschluss vom 12. 09. 2006, B 6 KA 70/05 B), bezogen auf drei Jahre. Für ein Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtschutzes ist ein Zeitraum von einem Jahr anzusetzen.
Tenor
Der Streitwert für das Verfahren L 11 KA 30/17 B ER wird auf 25.800,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. In der vor dem Sozialgericht (SG) anhängigen Hauptsache verfolgt sie das Ziel, im Wege des Sonderbedarfs mit hälftiger Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden. Der bei dem Zulassungsausschusses für Ärzte L - Kammer Psychotherapie - gestellte Antrag war erfolgreich (Beschluss vom 08.12.2014). Den Widerspruch der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein wies der Berufungsausschuss zurück. Überdies ordnete er die sofortige Vollziehung des Beschlusses des Zulassungsausschusses an (Beschluss vom 21.09.2016). Das von der KV angerufene SG Köln hob den Sofortvollzug auf (Beschluss vom 02.05.2017 - S 26 KA 14/16 ER -). Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin hat der Senat den Beschluss des SG abgeändert und den Antrag der KV auf Aufhebung des im Beschluss des Antragsgegners vom 21.09.2016 angeordneten Sofortvollzugs abgelehnt (Beschluss vom 21.08.2017). Nunmehr ist noch über den Streitwert zu entscheiden.
II.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ist nach § 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG festzusetzen. Im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung kann das Interesse im Rahmen einer Schätzung bemessen werden, wenn dafür genügende Angaben oder Anhaltspunkte vorliegen (z.B. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 16.01.2012 - B 11 SF 1/10 R -; Landessozialgericht (LSG) Sachsen, Beschluss vom 30.05.2016 - L 1 KA 3/15 B -). Sind solche Angaben oder Anhaltspunkte nicht vorhanden, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 EUR festzusetzen.
1. Die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG scheidet aus. Die Beschwerdeführerin verfolgt ihre eigene Zulassung. Das wirtschaftliche Interesse eines offensiven Vorgehens ist bestimmbar (s. unten). Lediglich bei einer defensiven Konkurrentenklage ist das wirtschaftliche Interesse des gegen eine Zulassung vorgehenden Dritten kaum fassbar. Infolgedessen ist es dort gerechtfertigt, den Streitwert für einstweilige Rechtsschutzverfahren grundsätzlich auf 20.000,00 EUR festzustehen (hierzu Senat, Beschluss vom 19.05.2014 - L 11 KA 99/13 B ER -).
2. Ist das Rechtsschutzbegehren hingegen dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger eine von ihm erkannte Rechtsposition offensiv durchsetzen will, greift § 52 Abs. 1 GKG.
Nach § 52 Abs. 1 GKG in der Fassung des Kostenmodernisierungsgesetzes vom 05.05.2004 (BGBl I 718) bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens.
Ausgehend vom Streitgegenstand (unbefristete Sonderbedarfszulassung) wird das wirtschaftliche Interesse der Beschwerdeführerin durch die Höhe der in einem bestimmten Zeitraum (dazu nachfolgend a)) zu erzielenden Einnahmen (dazu nachfolgend b)) bestimmt.
a) Soweit es ein Hauptsacheverfahren auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung anlangt, beläuft sich der Berechnungsfaktor "Zeitraum" auf drei Jahre (BSG, Beschluss vom 12.10.2005 - B 6 KA 47/04 B -; Urteil vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R -). Für den einstweiligen Rechtsschutz ist dieser Ansatz zu modifizieren.
Für die Wertberechnung ist ein fiktives Hauptsacheverfahren zu Grunde zu legen. Insoweit ist die Länge des Zeitraums zu schätzen, die bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens typischerweise zu erwarten ist (Senat, Beschluss vom 16.11.2015 - L 11 KA 42/15 B ER -; Beschluss vom 15.06.2009 - L 11 B 2/09 KA ER -; LSG Bayern, Beschluss vom 25.04.2005 - L 12 B 203/04 KA -; Beschluss vom 09.12.2004 - L 12 B 202/04 KA -). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung wird das Ziel verfolgt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vertragsärztlich tätig sein zu können. Dabei orientiert sich das wirtschaftliche Interesse an der wahrscheinlichen Dauer dieses Zeitraums, so dass auf die in dieser Zeit erzielbaren Einnahmen abzustellen ist. Hinsichtlich der Verfahrensdauer des Hauptsacheverfahrens ist dabei weder auf die höchstmögliche V...