Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Wohnungserstausstattung. Zwangsräumung und Einlagerung der Wohnungseinrichtung durch Vermieter
Orientierungssatz
Auch wenn die Möbel eines Hilfebedürftigen infolge einer Zwangsräumung durch den Vermieter aus der Wohnung verbracht und eingelagert worden sind, liegt kein Fall des vollständigen Verlustes der Wohnungseinrichtung aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes vor, der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu einen Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 für die Wohnungserstausstattung führen könnte. Da sich das Vermieterpfandrecht gem § 562 Abs 1 S 2 BGB nicht auf Sachen erstreckt, die unpfändbar sind, ist der Hilfebedürftige zuvor gehalten, den früheren Vermieter auf seine Besitzschutzansprüche hinzuweisen und die Herausgabe der unpfändbaren Sachen zu verlangen bzw zu erwirken.
Tenor
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.11.2007 werden zurückgewiesen. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Q aus L für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerden des Antragstellers, denen das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 14.12.2007 nicht abgeholfen hat, sind zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
1. Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet, soweit das SG seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen hat.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
b) Einen Anordnungsgrund hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind die hier streitigen Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten von der Regelleistung nicht umfasst. Sie werden gesondert erbracht (§ 23 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Der Senat stimmt mit dem Antragsteller überein, dass der Verlust einer vollständigen Wohnungseinrichtung aufgrund eines außergewöhnlichen Umstandes ggf. einen Anspruch auf Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung begründen kann (vgl. zum Begriff der "Erstausstattung" z. B. Münder in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 Rn. 27 f.).
Ob dem Antragsteller ein Anspruch gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II auf Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten zusteht, war jedoch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu entscheiden. Denn der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
aa) Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die ehemaligen Möbel des Antragstellers infolge der Zwangsräumung seiner ehemaligen Wohnung in den Keller dieser Wohnung von dem (früheren) Vermieter dieser Wohnung verbracht und dort eingelagert worden sind. Das SG hat den Antragsteller in dem angefochtenen Beschluss zu Recht darauf hingewiesen, dass der Vermieter der früheren Wohnung zwar ein Vermieterpfandrecht gemäß § 562 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an den Gegenständen hat, die in die Wohnung eingebracht worden sind. Gemäß § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB erstreckt sich dieses Vermieterpfandrecht jedoch nicht auf die Sachen, die der Pfändung nicht unterliegen. Nach § 811 Abs. 1 Ziffer 1 Zivilprozessordnung (ZPO) sind unpfändbar etwa auch Betten sowie die dem persönlichen Gebrauch oder dem Haushalt dienenden Sachen.
Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass es ihm nicht möglich ist, vor diesem dargestellten rechtlichen Hintergrund eine Herausgabe seiner unpfändbaren Sachen von dem Vermieter der früheren Wohnung mit Erfolg zu verlangen. Das von dem Antragsteller insoweit vorgelegte Schreiben der Rechtsanwältin des früheren Vermieters, wonach die Herausgabe der Sachen von der Zahlun...