Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld - Ausnahmefall
Orientierungssatz
1. Der Anspruch des Versicherten auf Krankengeld gemäß §§ 44 Abs. 1, 46 SGB 5 ruht nach § 49 SGB 5, wenn die Meldung der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse nicht innerhalb einer Woche nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt ist.
2. Ein von der Rechtsprechung entwickelter Ausnahmefall liegt dann vor, wenn die verspätete Meldung in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fällt oder die Geschäfts- bzw. Handlungsunfähigkeit des Versicherten diesen nachweislich an der rechtzeitigen Meldung gehindert hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13.03.2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld in den Zeiträumen vom 11. - 14.06.2018 (4 Tage) und vom 21.06. - 04.08.2018 (45 Tage) in Höhe von 36 EUR brutto (31,65 EUR netto).
Die am 00.00.1968 geborene, bei der Beklagten gesetzlich versicherte Klägerin ist von Beruf Postbotin. Sie erkrankte im Zeitraum vom 30.04.2018 bis zum 25.02.2019 arbeitsunfähig aufgrund einer Rhizarthrose zunächst (ICD-Code M 18.9 G R später (ab 14.06.2018) ICD-10 M 18.1 R, Z 98.8 R M 65.4). Bis einschließlich zum 10.06.2018 erhielt die Klägerin Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber. Auch im Anschluss an diesen Zeitraum war sie ausweislich der folgenden Bescheinigungen arbeitsunfähig erkrankt:
Bescheinigung vom 06.06.2018 der Praxis L bis 13.06.2018
Bescheinigung vom 14.06.2018 der Chirurg Notfallambulanz B Krankenhaus bis 04.07.2018
Bescheinigung vom 20.06.2018 B Krankenhaus Entlassmanagement bis 27.06.2018
Bescheinigung vom 28.06.2018 des Orthopäden C bis 04.07.2018
Bescheinigung vom 04.07.2018 des Orthopäden C bis 19.07.2018
Bescheinigung vom 18.07.2018 des Orthopäden C bis 15.08.2018
Sämtliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gingen mit Schreiben der Klägerin vom 05.08.2018 am 09.08.2018 bei der Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 13.08.2018 lehnte die Beklagte die Zahlungen von Krankengeld für die Zeit 11.06. - 08.08.2018 ab, da der Anspruch auf für diesen Zeitraum ruhe, da die Klägerin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht innerhalb einer Woche bei der Beklagten eingereicht habe.
Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten in einem Telefonat mit, dass sie der Auffassung gewesen sei, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen würden direkt von der ausstellenden Praxis an die Krankenkasse geschickt bzw über die neue elektronische Gesundheitskarte abgewickelt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.08.2018 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung wurde nun angegeben, dass die Klägerin an Eides statt versichern könne, dass sie alle Krankmeldungen zeitnah bei der Beklagten eingereicht habe. Sie habe diese mit normaler Post versandt. Da die Klägerin die Krankmeldungen zeitgleich an die Beklagte und an ihren Arbeitgeber abgesandt habe und die für ihren Arbeitgeber bestimmten Meldungen alle rechtzeitig zugegangen seien, könne sie sich den späten Zugang bei der Beklagten nicht erklären.
Nach einem Wechsel ihres Bevollmächtigten führte dieser zur weiteren Begründung des Widerspruchs aus, dass die verspätete Einreichung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch die Klägerin erkennbar auf ihre depressive Erkrankung bei sehr starker Dosierung von Antidepressiva zurückzuführen sei.
Der von der Beklagten befragte Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) stellte dazu am 06.12.2018 durch den Beratungsarzt Dr. B1 fest, dass in den AU-Bescheinigungen keine psychische Erkrankung angegeben sei, so dass die Argumentation einer in dieser Zeit vorliegenden psychischen Erkrankung nicht nachvollzogen werden könne. Eine rückwirkende medizinische Klärung erscheine nicht möglich.
Mit Bescheid vom 17.06.2019 bewilligte die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld für den Zeitraum vom 15. - 20.06.2018, in dem sich die Klägerin in stationärer Behandlung befand, auf.
Nachdem die Beklagte vergeblich versucht hatte, medizinische Unterlagen des behandelnden Psychiaters der Klägerin zu erhalten, wies sie den Widerspruch - nach einer Untätigkeitsklage der Klägerin vor dem Sozialgericht Köln (S 17 KR 406/19) - mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2019 als unbegründet zurück.
Am 14.07.2019 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Köln (SG) erhoben. Sie hat weiter vorgetragen, dass die orthopädische Praxis ihr gegenüber den Eindruck vermittelt habe, dass sie die Krankmeldungen an die Beklagte abweichend von der gesetzlichen Obliegenheit der Klägerin übernehmen würde und diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 08.08.2019, B 3 KR 6/18 R - juris) verwiesen.
Die Beklagte hat an ihrer im Widerspruchsverfahren geäußerten Rechtsauffassung festgehalten. Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit ...