Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe für einen Asylbewerber bei Anspruchsberechtigung nach dem BAföG dem Grunde nach
Orientierungssatz
1. § 2 Abs. 1 AsylbLG ordnet die entsprechende Anwendung des SGB 12 in Abweichung von den §§ 3 bis 7 AsylbLG an, die ausschließlich dieses Leistungsverhältnis betreffen. Damit können die Vorschriften des SGB 12 nur dann Anwendung finden, wenn eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage besteht.
2. Vorschriften des SGB 12 sind nur dann entsprechend anwendbar, wenn keine anderweitigen Regelungen im AsylbLG vorrangige Anwendung finden und die Vorschriften des SGB 12 den Besonderheiten des verweisenden AsylbLG hinreichend Rechnung tragen.
3. Die Ausschlussnorm des § 22 SGB 12 wird nicht durch speziellere Regelungen des AsylbLG verdrängt.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.10.2017 geändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 16.11.2017 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin M, C, beigeordnet.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des Eilrechtsschutzes Leistungen nach dem AsylbLG.
Der am 00.00.1992 geborene Antragsteller besitzt die aserbaidschanische Staatsangehörigkeit und verfügt nach eigenen Angaben nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Am 10.12.2015 reiste er in das Bundesgebiet ein und wurde der Antragsgegnerin zugewiesen. Sein Asylantrag blieb bislang erfolglos. Gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 13.07.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, ist bei dem Verwaltungsgericht L (25 K 10393/17.A) ein Klageverfahren anhängig. Der Antragsteller ist im Besitz einer Aufenthaltsgestattung, die zuletzt bis zum 30.01.2018 befristet wurde.
Der Antragsteller erhielt von der Antragsgegnerin seit dem 14.01.2016 zunächst Leistungen nach § 3 AsylbLG, die jeweils monatlich (durch schriftlichen oder konkludenten Bescheid) bewilligt wurden. Von April bis einschließlich August 2017 gewährte die Antragsgegnerin ihm gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG (rückwirkend) sog. Analogleistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII (Bescheid vom 16.08.2017).
Am 01.08.2017 nahm der Antragsteller bei der L GmbH in C eine (laut Aufenthaltsgestattung erlaubte) 3,5 jährige Ausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker (Schwerpunkt Instandhaltungstechnik) auf, für die er ein monatliches Ausbildungsgeld i.H.v. 291,92 EUR erhält. Daraufhin stellte die Antragsgegnerin die Analogleistungen durch Bescheid vom 15.08.2017 zum 31.08.2017 ein. Leistungen nach dem AsylbLG seien seither nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB XII, der gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG entsprechende Anwendung finde, ausgeschlossen; denn der Antragsteller habe eine im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) bzw. der §§ 51, 57 und 58 SGB III dem Grunde nach förderungsfähige Berufsausbildung aufgenommen. Gründe für einen besonderen Härtefall im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII habe der Antragsteller weder vorgetragen noch seien solche ersichtlich. Dagegen legte der Antragsteller am 17.08.2017 Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden wurde.
Ferner hat der Antragsteller am 11.10.2017 bei dem Sozialgericht Köln um Eilrechtsschutz nachgesucht und vorläufige Leistungen nach dem AsylbLG ab Antragseingang (am 11.10.2017) begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, der Ausschlussgrund des § 22 SGB XII sei im Rahmen des Bezugs von Analogleistungen schon nicht entsprechend anwendbar. § 2 Abs. 1 AsylbLG solle Asylbewerbern nach 15-monatigem Leistungsbezug einen Leistungsvorteil gewähren. § 22 SGB XII schränke jene Leistungen jedoch ein; dies entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Die für Ausländer geschaffene Sonderregelung des § 132 SGB III rechtfertige keine andere Beurteilung. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber lediglich für Asylbewerber aus Herkunftsländern mit guter Bleibeperspektive (= im Jahr 2017 Eritrea, Irak, Iran, Syrien und Somalia) den Zugang zu einer Ausbildungsbeihilfe nach dem SGB III bzw. BAföG sichern und ihnen damit einen gänzlichen Ausstieg aus den Leistungen nach dem AsylbLG ermöglichen wollen. Darüber hinaus habe er denjenigen Asylbewerbern den Zugang zur Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) verwehren wollen, die aus sicheren Herkunftsländern stammten. Für alle anderen Ausländer sei hingegen keine Sonderregelung für den Zugang zur BAB geschaffen worden. Sie fielen daher nicht unter den förderungsfähigen Personenkreis. Zudem seien die Voraussetzungen für den Leistungsausschluss nach § 22 Abs. 1 SGB XII nicht erfüllt. Zwar möge es sich bei der Ausbildung des Antragstellers um eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung im Sinne jener Vorschrift handeln. Der Antragsteller unterfalle jedoch der Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 2 SGB XII. Zu dem hiervon begünstigten Personenkreis gehör...