Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Zuständigkeit der Sozialgerichte bei Eilrechtsstreit über die behördliche Zuweisung zu einer anderen Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber
Leitsatz (amtlich)
Wendet sich ein nach § 3 AsylbLG Leistungsberechtigter gegen die Aufforderung, von einer Gemeinschaftsunterkunft in eine andere Gemeinschaftsunterkunft umzuziehen, so ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach § 51 Abs 1 Nr 6a SGG eröffnet.
Orientierungssatz
1. Ob es sich bei einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit um eine Angelegenheit der Sozialhilfe und des AsylbLG nach § 51 Abs 1 Nr 6a SGG handelt, entscheidet sich anhand der Rechtsnorm, aus der die von dem rechtsschutzsuchenden Asylbewerber begehrte Rechtsfolge abzuleiten ist (vgl LSG Essen vom 27.01.2012 - L 20 AY 140/11 B = FEVS 64, 40).
2. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundessozialgerichts: Nachdem die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Duisburg vom 17.7.2015 - S 44 AY 41/15 zurückgenommen wurde, ist der LSG-Beschluss gegenstandslos.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 17.07.2015 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten wird für zulässig erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren.
Die weitere Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im zugrunde liegenden Eilverfahren gegen einen Umzug in ein anderes Übergangsheim, den die Antragsgegnerin ihm und seinen Familienangehörigen gegenüber angeordnet hat.
Der im Jahr 1981 geborene Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger. Nachdem er seit 1993 mehrfach in die Bundesrepublik eingereist war und Asyl- bzw. Asylfolgeanträge gestellt hatte, die sämtlich bestandskräftig abgelehnt wurden, reiste er zuletzt im Mai 2014 freiwillig aus. Am 19.11.2014 reiste er gemeinsam mit seinem Vater und seiner Schwester erneut in die Bundesrepublik ein und stellte einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid vom 20.11.2014 bewilligte ihm die Antragsgegnerin Leistungen nach § 1a AsylbLG; ab 01.12.2014 gewährte sie ihm auch den Differenzbetrag zu Leistungen nach § 3 AsylbLG unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Die Unterbringung erfolgte zunächst - gemeinsam mit seinem Vater und seiner Schwester - im Übergangsheim X 98 in E; ab 16.12.2014 wurden dort auch seine inzwischen ebenfalls eingereiste Ehefrau sowie das gemeinsame Kind untergebracht. Zum 19.01.2015 erfolgte auf Veranlassung der Antragsgegnerin ein Umzug in das Übergangsheim L 148e in E.
Am 14.07.2015 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg nachgesucht und vorgetragen, ihm und seiner Familie sei von einem Mitarbeiter der Stadt E (Herr L oder L) angedroht worden, am 15.07.2015 in eine andere Wohnung umziehen zu müssen. Er habe sich in der Wohnung L 148e mit Möbeln usw. gut eingelebt. Der Umzug sei allein aus Verärgerung gegen ihn angeordnet worden; er sei angeblich schon öfter schlecht aufgefallen. Er habe sich allerdings niemals schlecht benommen oder gegen die Hausvorschriften verstoßen. Einige Bewohner und auch der Sicherheitsmann könnten dies bestätigen. Sein Sohn sei krank geworden, auch seine Mutter sei psychisch sehr krank. Er und seine Familie seien sehr verzweifelt. Sinngemäß hat er beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollzug des angedrohten Umzugs von der Wohnung L 148e in eine andere Wohnung zu untersagen.
Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, Gegenstand der Auseinandersetzung sei eine ordnungsbehördliche Zuweisung in einem asylrechtlichen Verfahren. Leistungen nach dem AsylbLG stünden nicht im Streit; Unterkunftskosten seien für die bisherige Wohnung übernommen worden und würden auch zukünftig für die neue Wohnung übernommen. Bei der Zuweisung handele es sich um eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit nach § 40 VwGO, für die eine besondere Zuweisung nach § 51 SGG nicht eingreife. Die Zuständigkeit des SG werde daher bezweifelt. Die Antragsgegnerin hat die Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf beantragt.
Nach Anhörung des SG vom 16.07.2015 zu einer beabsichtigten Verweisung hat auch der Antragsteller mit Schriftsatz vom 16.07.2015 die Verweisung des Eilantrags an das VG Düsseldorf beantragt.
Das SG hat mit Beschluss vom 17.07.2015 den Sozialrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Düsseldorf verwiesen. Der Antragsteller begehre keine Leistungen nach dem AsylbLG, deren Höhe vom SG zu überprüfen wäre; er wende sich vielmehr gegen eine ordnungsbehördliche Zuweisung in eine andere Unterkunft. Dabei handele es sich um eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit, für die gem. § 40 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei.
Hiergegen hat der Antragsteller am 28.07.2015 Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf den Beschluss des erkennenden Senats vom 27.01.2012 - L 20 AY 140/11 B verwiesen. Daraus...