Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Leistungen zur Teilhabe. Gewährung eines persönlichen Budgets. Umfang der Rechte des Betroffenen bei der persönlichen Auswahl von Leistungen und Leistungserbringern
Orientierungssatz
Die Zielsetzung eines in § 57 Satz 2 SGB 12 geregelten persönlichen Budgets, dem Leistungsberechtigten ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, berechtigt lediglich zur Wahl solcher selbstbeschaffter Leistungen, die den allgemeinen Anforderungen an Teilhabeleistungen in gleicher Weise wie mögliche Sachleistungen durch den Rehabilitationsträger entsprechen. Dies setzt auch bei der Auswahl der Betreuungsperson voraus, dass diese über eine aufgrund der erforderlichen Betreuung gebotene Qualifikation verfügt.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.10.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 25.10.2012 ist zulässig, in der Sache indes nicht begründet.
1. Das SG Düsseldorf hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgewiesen.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
b) Diese Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nicht erfüllt. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht.
aa) Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 6 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und damit gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 und § 54 Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Leistung der Eingliederungshilfe hat. Gemäß § 57 SGB XII können die Leistungen der Eingliederungshilfe auf Antrag auch als Teil eines trägerübergreifenden Persönlichen Budgets erbracht werden. Auch dies steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit; denn der Antragsgegner ist unverändert bereit, der Antragstellerin das Persönliche Budget bei Beauftragung eines vom Antragsgegner zertifizierten BeWO-Anbieters (weiterhin) zu bewilligen. Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass die Eingliederungshilfe unter diesen Umständen nahtlos fortgesetzt werden könnte.
bb) Die Beteiligten streiten allein darüber, ob die Antragstellerin insoweit eine weitere Betreuung ausschließlich durch Frau I beanspruchen kann.
Zwar muss bei der zu treffenden Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch und bei der Auslegung der einschlägigen Rechtsgrundlagen die dem persönlichen Budget zugrundeliegende Zielsetzung berücksichtigt werden, dem Leistungsberechtigten ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen (§ 57 Satz 2 SGB IX i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) und dem bereits in § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ausdrücklich geregelten Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten zu entsprechen (BSG, Urteil vom 30.11.2011, B 11 AL 7/10 R, Juris Rn. 17). Das Budget muss den Betroffenen befähigen, eine vollwertige Alternative zur Sachleistung zu realisieren. Es begründet aber keinen Anspruch auf neue Formen der Teilhabeleistung, sondern lediglich die Möglichkeit, anstelle der Inanspruchnahme der durch den Rehabilitationsträger bereitgestellten Sachleistung sich selbst die erforderlichen Hilfen zu organisieren. Am Charakter und der Zielrichtung der zugrundeliegenden Teilhabeleistungen ändert sich durch das persönliche Budget nichts; auch bei dessen Gewährung muss es sich mithin um finale, auf ein bestimmtes Rehabilitationsziel gerichtete Leistungen handeln. Das bedeutet, dass die selbstbeschafften Hilfen den allgemeinen Anforderungen an Teilhabeleistungen in gleicher Weise entsprechen müss...