Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ausnahmen vom Zeugnisverweigerungsrecht. familiäre Vermögensangelegenheit. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfebedürftigkeit. Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft
Orientierungssatz
1. Bei dem Einkommen sowie den Kosten der Unterkunft und Heizung von Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB 2 handelt es sich um durch ein Familienverhältnis bedingte Vermögensangelegenheiten iS des - gem § 118 SGG anzuwendenden - § 385 Abs 1 Nr 3 ZPO, so dass diesbezüglich kein Zeugnisverweigerungsrecht im sozialgerichtlichen Verfahren besteht.
2. Das Bestreiten des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB 2 lässt die Zeugnispflicht eines Familienangehörigen, der als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft in Betracht kommt, nicht entfallen. Es obliegt der Beurteilung des Gerichts, ob es das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft als erwiesen ansieht.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2014 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Entscheidung des Sozialgerichts Köln über sein Zeugnisverweigerungsrecht im Rechtstreit des Klägers, des Sohnes seiner Ehefrau, um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 30.12.2009.
Der 1990 geborene Kläger wohnte im streitbefangenen Zeitraum in einem Haus, dessen Eigentümer seine Mutter und der Beschwerdeführer sind. In dem Haus wohnten im gleichen Zeitraum der Beschwerdeführer, seine Ehefrau, die Mutter des Klägers, sowie deren gemeinsame Kinder, die Halbgeschwister des Klägers.
Die Rechtsvorgängerin des Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagter) lehnte durch Bescheide vom 07.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2011, vom 05.06.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2011 und vom 02.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2011 und mit Bescheid vom 02.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2011 die Anträge des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.12.2009 ab. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 Abs. 2 SGB II, da das Einkommen seines Stiefvaters, des Beschwerdeführers, seinen Bedarf decke.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Er hat u.a. geltend gemacht, dass er keine Auskünfte zu den Einkommensverhältnissen seiner Mutter, des Beschwerdeführers und seiner beiden Halbgeschwister im streitbefangenen Zeitraum machen könne.
Das Sozialgericht Köln hat den Beschwerdeführer zum Erörterungstermin am 10.07.2014 geladen unter Benennung folgenden Beweisthemas:
"Einkünfte des Zeug sowie Kosten der Unterkunft und Heizung (Miete Betriebs- /Heizkosten bzw. Schuldzinsen, Betriebskosten, Grundsteuer etc.) in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 30.11.2009"
Mit Schreiben vom 25.06.2014 hat der Beschwerdeführer angekündigt, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Im Erörterungstermin hat der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf dieses Schreiben erklärt, er werde nicht aussagen.
Durch Beschluss vom 23.07.2014 hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen der im Schriftsatz vom 25.06.2014 vorgebrachten Gründe nicht zur Zeugnisverweigerung hinsichtlich seiner Einkünfte sowie der Kosten für Unterkunft und Heizung (Miete Betriebs-/Heizkosten bzw. Schuldzinsen, Betriebskosten, Grundsteuer etc.) in der Zeit vom 01.01.2008 bis zum 30.11.2009 berechtigt ist. Dem Beschwerdeführer stehe aufgrund der Vorschrift des § 385 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Der Zusammenhang zwischen den Einkünften der Zeugin und den nach den Regeln des SGB II zu bestimmenden Einkommensverhältnissen des Klägers beruhe allein auf dem bestehenden Verwandtschaftsverhältnis. Daher bezögen sich die begehrten Auskünfte auf Tatsachen, die durch das Familienverhältnis bedingte Vermögensangelegenheiten i.S.d. § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO betreffen.
Gegen den am 16.07.2014 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 12.08.2014 Beschwerde eingelegt.
II. Die Beschwerde ist zulässig.
Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Berufung auf Zeugnisverweigerungsrecht ergeht nach § 118 Abs. 1 S. 2 SGG durch Beschluss. Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde nach § 172 Abs. 1 SGG zulässig (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 01.12.2010 - L 19 AS 1094/10 B m.w.N.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 118 Rn 10g ; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11.Aufl., § 172 Rn 3; Kühl in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. § 118 Rn. 11).
Der Beschwerdeführer ist beschwerdebefugt, da er sich gegen die Verneinung seines Zeugnisverweigerungsrechts durch das Sozialgericht wendet. Seine Beschwerde wahrt die Monatsfrist ab Zustellung des Beschlusses aus § 173 S. 1 SGG.
Jedoch ist Beschwerde unbegründet.
Nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGG sind auf die Beweisau...