Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung einer Ergänzungsvereinbarung über die Verordnung von Sprechstundenbedarf hinsichtlich der Pauschalierung von Kontrastmitteln durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Eine Klage des pharmazeutischen Unternehmers auf Feststellung, durch Untergesetzesrecht in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG dadurch verletzt zu sein, dass die therapeutische Bedeutung eines von ihm hergestellten Kontrastmittels im Vergleich zu den Produkten der Wettbewerber zu Unrecht nicht im gebotenen Maß berücksichtigt und er dadurch im Wettbewerb erheblich benachteiligt sei, ist zulässig. Damit ist der Arzneimittelhersteller auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren antragsbefugt.
2. Zur Glaubhaftmachung des im Eilrechtsschutz gebotenen Anordnungsgrundes ist erforderlich, dass dem Antragsteller schwere irreparable und unzumutbare Nachteile drohen. Die Marktverdrängung als solche, wenn sie einträte, stellt keinen wesentlichen Nachteil dar, es sei denn, sie geht mit wesentlichen finanziellen Nachteilen einher.
3. Infolgedessen kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nur dann in Betracht, wenn neben wirtschaftlichen Beeinträchtigungen andere Umstände vorgetragen werden, deren Realisierung einen wesentlichen Nachteil darstellt. Ein drohender Umsatzverlust von 2,45 % des Gesamtumsatzes des antragstellenden Unternehmens ist bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zumutbar.
4. Der zum Erlass der begehrten Sicherungsanordnung erforderliche Anordnungsanspruch ist dann gegeben, wenn der Antragsteller das Bestehen zu sichernder Rechtspositionen glaubhaft macht. Ziff. 7.4 EBM-Ä eröffnet die Möglichkeit, die Berechnung und Abgeltung der Kosten eines Kontrastmittels als zugelassenes Arzneimittel gesamtvertraglich regional zu regeln.
5. Der Gesetzgeber hat durch § 35 SGB 5 nur den Teilausschnitt "Arznei- und Verbandsmittel" i. S. eines Ausnahmetatbestandes staatlichen Preisregulierungsmechanismen unterworfen. Hierdurch wird nicht ausgeschlossen, dass die regionalen Gesamtvertragspartner für den Sprechstundenbedarf (SSB) andere Regelungen treffen. Eine Kostenerstattung für SSB-Kontrastmittel kann mittels Ergänzungsvereinbarung pauschaliert werden.
6. Ob die in einer Ergänzungsvereinbarung getroffene Regelung gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB verstößt oder die Vertragspartner in dem von ihnen beherrschten Markt missbräuchlich einen Einkaufspreis vorgeben, lässt sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in Anbetracht hierzu erforderlicher umfangreicher Ermittlungen nicht entscheiden. Eine entsprechende Klärung bleibt infolgedessen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 07.04.2010 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 1.414.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine von den Antragsgegnern gemeinsam und einheitlich geschlossene Ergänzungsvereinbarung zur Vereinbarung über die ärztliche Verordnung von Sprechstundenbedarf (SSB-Vereinbarung) mittels der für den patientenbezogenen Verbrauch bestimmter Kontrastmittel Pauschalen festgesetzt werden. Das Hauptsacheverfahren ist zum Az. S 9 KA 3/10 beim Sozialgericht (SG) Dortmund anhängig.
Die Antragstellerin ist eine ausschließlich Kontrastmittel vertreibende pharmazeutische Unternehmerin. Hierzu rechnen die Kontrastmittel Imeron , Solustrast , Multihance und Prohance , die jeweils in unterschiedlichen Konzentrationen, Handelsformen und Packungsgrößen angeboten werden. Der Gesamtumsatz der Antragstellerin beträgt nach eigenen Angaben ca. 60 Mio. EUR jährlich.
Am 01.12.2009 schloss die Antragsgegnerin zu 1) mit den Antragsgegnern zu 2) bis 12) eine Ergänzungsvereinbarung zur SSB-Vereinbarung vom 01.07.2008 mit einer Gültigkeitsdauer vom 01.01.2010 bis 31.12.2010. Darin ist geregelt, dass vom 01.01.2010 bis zum 31.12.2010 die in der Anlage 2a und 2b aufgeführten Pauschalen für Kontrastmittel für Radiologen gelten.
Die Anlagen 2a und 2b haben, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:
"Anlage 2a:
Vergütung nicht-ionischer Kontrastmittel für niedergelassene Radiologen
1. Für den patientenbezogenen Verbrauch an nicht-ionischen Kontrastmitteln gilt mit Ausnahme der Ziffer 2 eine Pauschale in Höhe von 0,47 EUR je ml inkl. Überleitsystem und MWSt.
2. Für den im Ausnahmefall erforderlichen Einsatz nicht-ionischer, dimerer Kontrastmittel bei Hochrisikopatienten mit Niereninsuffizienz (Kreatinin über 1,5 mg/DL) gilt abweichend von Ziffer 1 eine Pauschale in Höhe von 1,10 EUR je ml inkl. Überleitsystem und MWSt. Die Notwendigkeit der besonderen Kontrastmittelgabe sowie die Aufklärung des Patienten über mögliche Nebenwirkungen sind in der Patientenakte gesondert zu dokumentieren.
3. Bei der Abrechnung ist die Menge je Patient in Milliliter durch 5 zu teilen und der sich daraus ergebende Wert mit der jeweiligen Symbolnummern (SNR) zu multiplizieren. Die SNR sind wie folgt bewertet:
S...