Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Entschädigung für die Wahrnehmung eines Untersuchungstermins

 

Orientierungssatz

Die Entschädigung für die Fahrt des Klägers zu einer ärztlichen Untersuchung ist nach dem kürzesten Weg zu gewähren. Höhere Fahrtkosten können nur dann angesetzt werden, wenn diese wegen besonderer Umstände notwendig sind. Eine Entschädigung für Zeitversäumnis ist nur dann zu gewähren, wenn durch die Teilnahme an der Untersuchung ein Nachteil entstanden ist. Das ist bei einem Rentner regelmäßig nicht der Fall.

 

Tenor

Die Entschädigung der Klägerin anlässlich der Wahrnehmung des Termins zur Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. I am 08.01.2009 wird auf 17,50 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die in E, W-Straße 0, wohnhafte Klägerin hat im Hauptsachverfahren am 08.01.2009 einen Untersuchungstermin bei dem Sachverständigen Dr. I, B wahrgenommen. Mit Schreiben vom 09.01.2009 hat sie die Erstattung von Kosten in Höhe von 54 Euro beantragt. Diese setzten sich zusammen aus einem Betrag von 24 Euro für Fahrtkosten (96 Kilometer Fahrstrecke à 0,25 Euro), 15 Euro Aufwand/Zehrkosten für die Klägerin und 15 Euro "Sonstige Kosten" für ihre Begleitperson. Die Reise habe sie um 8.15 Uhr angetreten und um 13.15 Uhr beendet.

Mit Schreiben vom 16.01.2009 hat die Kostenbeamtin des Landessozialgerichts NRW der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 15 Euro bewilligt. Der Fahrtweg betrage lediglich 60 km und sei daher mit 15 Euro zu erstatten. Eine Aufwandsentschädigung/Zehrkosten seien gemäß § 6 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen und Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen und Richtern, Zeugen, Zeuginnen und Dritten (JVEG) erst ab einer Verweildauer von 8 Stunden mit 6 Euro zu vergüten. Dies gelte auch für die Begleitperson.

Die Klägerin hat am 20.01.2009 die richterliche Festsetzung ihrer Entschädigung beantragt und weiterhin die Zahlung von insgesamt 54 Euro begehrt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie den vom Sachverständigen in einer Wegbeschreibung mitgeteilten Fahrtweg genommen habe. Dies sei der schnellste und sicherste Weg gewesen, zumal dort am 9. Januar bedingt durch Schneefall und Nebel ein Fortkommen gewährleistet gewesen sei. Mit ihrem Antrag habe sie im Übrigen keine Aufwandsentschädigung nach § 6 JVEG, sondern eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach § 20 JVEG begehrt. Die Möglichkeit einer solchen Entschädigung ergebe sich aus einem Hinweisblatt, das der gerichtlichen Beweisanordnung beigefügt gewesen sei. Sie habe ihrem Ehemann als Hilfskraft 30 Euro für die Übernahme von Haushaltstätigkeiten am Nachmittag des 08.01.2009 erstattet, da sie diese Arbeiten nicht habe selbst vornehmen können.

Der Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit im Land NRW hat beantragt, die der Klägerin anlässlich der ambulanten Untersuchung entstandenen Kosten auf 17,50 Euro festzusetzen. Die einfache Strecke zwischen der Wohnung der Klägerin und dem Untersuchungsort des Sachverständigen betrage laut gängigen Routenplanern 30 km. Im Hinblick auf die Ortsunkundigkeit der Klägerin könne eine Toleranz von 5 km pro Strecke zugestanden werden. Somit seien 17,50 Euro gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG erstattungsfähig. Entschädigung für eigene Zeitversäumnis und Zeitversäumnis des Ehegatten als ihrer Begleitperson stehe der Klägerin nicht zu, weil der Klägerin durch ihre Heranziehung kein Nachteil entstanden und durch die Begleitung das Familieneinkommen nicht gemindert worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten und der Kostenbeiakten Bezug genommen.

II.

Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 S. 1 1. HS JVEG). Nach § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen, d.h. in entsprechender Anwendung des JVEG, vergütet. Diese Vorschrift gilt auch für die Ladung zur Untersuchung durch einen Sachverständigen, wenn dieser - wie hier - eine gerichtliche Anordnung zugrunde liegt (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 191 Rn 2 m.w.N.). Der Klägerin sind für die Wahrnehmung des Untersuchungstermins beim Sachverständigen Dr. I am 08.01.2009 Fahrtkosten in Höhe von 17,50 Euro zu erstatten. Eine Erstattung weiterer Kosten ist nicht vorzunehmen. Der Fahrtweg der Klägerin zum Sachverständigen und zurück ist insgesamt mit 70 km zu berücksichtigen. Nach gängigen Routenplanern (z.B. www.falk.de, www.de.map24.com, maps.google.de) beträgt die einfache Strecke zwischen der Wohnung der Klägerin und dem Untersuchungsort des Sachverständigen ca. 3...

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