Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall des Arbeitslosengeld II. Sanktion. Verletzung von Pflichten aus dem Eingliederungsverwaltungsakt. Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes. Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsvorschriften
Orientierungssatz
1. Die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes, nicht nur seine Wirksamkeit und Vollziehbarkeit, ist grundsätzlich Voraussetzung für die Annahme einer Pflichtverletzung nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 2.
2. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsvorschriften nach §§ 31 ff SGB 2.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 21.06.2018 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage gegen einen Sanktionsbescheid des Antragsgegners.
Der im Jahr 1973 geborene Antragsteller ist diplomierter Wirtschaftsingenieur. Er ist alleinstehend und bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner. Kosten für Unterkunft und Heizung macht er gegenüber dem Antragsgegner nicht geltend.
Mit Eingliederungsbescheiden vom 14.09.2016 und 30.03.2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.09.2016 und 05.05.2017 verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller, in den Zeiträumen vom 14.09.2016 bis zum 13.03.2017 und vom 30.03.2017 bis zum 29.09.2017 Bewerbungsbemühungen zu unternehmen. Der Bescheid vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 ist nach der Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch das BSG (Beschluss vom 19.10.2017 - B 14 AS 360/17 B) bestandskräftig. Gegen den Bescheid vom 30.03.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2017 hat der Antragsteller erfolglos geklagt (Urteil des SG Aachen vom 22.03.2018 - S 2 AS 418/17), die hiergegen eingelegte Berufung vom 27.04.2018 ist unter dem Aktenzeichen L 7 AS 682/18 beim Senat anhängig.
Der Antragsteller kam den ihm auferlegten Obliegenheiten durchgehend nicht nach. Mit Bescheiden vom 11.04.2016 und 12.10.2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 30.05.2016 und 18.10.2016 stellte der Antragsgegner Sanktionen iHv 30 bzw 60 Prozent des Regelbedarfs des Antragstellers und mit Bescheid vom 14.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2017 einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II des Antragstellers fest. Zuletzt stellte er mit Sanktionsbescheid vom 23.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2017 einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 30.09.2017 und mit Sanktionsbescheid vom 15.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2017 einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis zum 31.12.2017 fest. Beide Sanktionen begründete der Antragsgegner damit, dass der Antragsteller entgegen den Verpflichtungen aus dem Eingliederungsbescheid vom 30.03.2017 keinerlei Bewerbungsbemühungen nachgewiesen habe. Gegen den Sanktionsbescheid vom 23.06.2017 hat der Antragsteller am 02.08.2017 bei dem SG Aachen Klage erhoben (S 4 AS 595/17), gegen den Sanktionsbescheid vom 15.09.2017 hat der Kläger am 08.11.2017 bei dem SG Aachen Klage erhoben. Dieses hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2018 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die beim Senat am 27.04.2018 erhobene Berufung L 7 AS 683/18.
Mit Bescheid vom 14.09.2017 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis zum 30.09.2018 in Gestalt des Regelbedarfs in Höhe von monatlich 409 EUR.
Mit Schreiben vom 11.10.2017 lud der Antragsgegner den Antragsteller zu einem Beratungsgespräch am 26.10.2017 ein. Der Antragsteller erschien zu diesem Gespräch nicht und erklärte mit Schreiben vom 07.11.2017, er nehme entsprechende Einladungen nicht an und sei nicht an Beratungsdienstleistungen des Antragsgegners interessiert.
Am 19.12.2017 erließ der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller wiederum einen Eingliederungsbescheid. Dieser bezog sich auf den Zeitraum vom 19.12.2017 bis zum 18.06.2018, soweit nichts anderes bestimmt wurde, längstens jedoch bis zum Ende des Leistungsanspruchs. Der Antragsgegner führte aus, der Bescheid entspreche im Wesentlichen dem Inhalt einer mit dem Antragsteller zu schließenden Eingliederungsvereinbarung. Hauptziel sei die Aufnahme einer Beschäftigung des Antragstellers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Antragsgegner bot dem Antragsteller Bewerbungsgespräche an und sicherte ihm zu, ihn pro schriftlicher Bewerbung mit einem Betrag von 5 EUR (bis zu 300 EUR insgesamt im Jahr) und mit Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu unterstützen, das Bewerberprofil des Antragstellers mit Stellenangeboten abzugleichen und ihn für geeignete Stellen vorzuschlagen sowie bei entsprechenden Voraussetzungen über einen Eingliederungszuschuss oder Einstiegsgeld zu unterstützen. Unter "Auf...