Entscheidungsstichwort (Thema)
Festbetragsregelung bei Arzneimitteln
Orientierungssatz
Ist für die Wirkstoffgruppe eines Arzneimittels nach den Arzneimittelrichtlinien ein Festbetrag festgesetzt worden, so hat die Krankenkasse nach § 31 Abs. 2 SGB 5 nur die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages zu tragen. Die für den Bereich der Hörgeräteversorgung hinsichtlich der Eigenanteilsfreiheit geltenden Grundsätze sind im Bereich der Arzneimittelversorgung nicht gerechtfertigt.
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 02.07.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens streitig, ob die Antragsgegnerin die über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten für das Arzneimittel Alvesco der Antragsstellerin zu erstatten hat.
Die am 00.00.1954 geborene Antragstellerin leidet unter Asthma Bronchiale. Wegen einer - ausweislich eines Berichts des Klinikums S vom 02.04.2009 anamnestisch festgestellten - Allergie gegen den Wirkstoff Beclometason, bedarf sie zur Behandlung dieser Erkrankung eines glucocorticoidhaltigen Medikaments, das ihr von Dr. L verordnet wurde. Unter der Einnahme von Alvesco® werden die Beschwerden auf gut verträgliche Weise gelindert. Hierbei handelt es sich um ein Medikament zur Anwendung bei Atemwegserkrankungen mit dem Wirkstoff Ciclesonid, das zur Festbetragsgruppe der Stufe 2 (Arzneimittel mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen) - der Gruppe der Glucocorticoide (inhalativ, oral) - gehört. Andere Wirkstoffe dieser Gruppe sind Beclometason, Budenosid, Fluticason und Mometason.
Am 23.04.2009 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Mehrkosten für das Medikament Alvesco® und machte geltend, sie habe bei der Einnahme von Beclometason, einem Festbetragsmedikament, nach drei Tagen kleine Pusteln am ganzen Körper und einen starken Juckreiz. Dieser sei verbunden mit leichtem Fieber. Sie benötige täglich dreimal einen Hub (160 mg) Alvesco®. Behandlungsalternativen gebe es für sie nicht. Die auf dem Markt verfügbaren inhalativen Kortikoide, welche der Festbetragsregelung unterlägen, vertrage sie nicht. Unter Bezug u.a. auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.12.2002 - 1 BvL 28/95 - weist sie darauf hin, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse nicht verfassungsgemäß erfüllt werde, wenn die unter die Festbetragsregelung fallenden Medikamente für den Ausgleich des konkret vorliegenden Krankheitsbildes objektiv nicht ausreichten.
Mit Bescheid vom 24.04.2009 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Übernahme der Kosten mit der Begründung ab, für die Wirkstoffgruppe sei nach den Arzneimittelrichtlinien ein Festbetrag festgelegt worden. Die Krankenkasse dürfe daher nur die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages übernehmen. Der Widerspruch der Antragstellerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.05.2009).
Mit Fax vom 31.05.2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Detmold unter Vorlage ärztlicher Unterlagen die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt und gegen die Entscheidung der Beklagten Klage erhoben, mit der sie die Übernahme der bereits geleisteten Zuzahlung im Wege der Erstattung und darüber hinaus die Feststellung begehrt, dass die Entscheidung der Krankenkasse gegen das Sachleistungsprinzip und gegen ihre Grundrechte verstößt. Für die Einnahme des Medikamentes Alvesco® entstünden der Krankenkasse gegenüber dem der Festbetragsregelung unterliegenden Medikament Budiair® Mehrkosten von ca. 82,00 EUR pro Jahr unter Berücksichtigung der bisherigen Dosierung. Sie benötige täglich drei Hübe Alvesco®. Die Festbetragsdifferenz betrage 35,50 EUR für 120 Hübe. Sie habe insofern 2,50 EUR gespart, indem sie das Arzneimittel als Reimport bestelle.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, die über den Festbetrag hinausgehenden Mehrkosten für das Arzneimittel Alvesco® zu übernehmen und die bereits geleistete Zahlung der Mehrkosten zu erstatten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es liege weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Insbesondere sei eine Verletzung von Grundrechten nicht gegeben. Schwere und unzumutbare Nachteile entstünden der Antragstellerin nicht.
Das Sozialgericht hat zur medizinischen Aufklärung des Sachverhalts Befund- und Behandlungsberichte der Hausärztin Dr. L vom 12.06. 2009 und des Chefarztes der Pneumologischen Abteilung des Klinikums S, Dr. I, vom 16.06. 2009 eingeholt, weswegen auf Bl. 68 ff. und 104 f. der Gerichtsakte Bezug genommen wird.
Mit Beschluss vom 02.07.2009 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt und insofern zunächst darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht die Erstattung be...