Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Heranziehung zum ärztlichen Notfalldienst. Anordnung der sofortigen Vollziehung
Orientierungssatz
1. Auch die einseitige Erledigungserklärung führt zur Beendigung des Rechtsstreites in der Hauptsache. Sie ist entweder als Klage- bzw Berufungsrücknahme oder als Annahme eines abgegebenen Anerkenntnisses zu werten. Die einseitige Erledigungserklärung ist kostenrechtlich den Regelungen des § 161 Abs 2 VwGO zuzuordnen. Dabei ist über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.
2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Bescheides zur Verpflichtung eines Vertragsarztes an der Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst muss erkennen lassen, warum im konkreten Fall das öffentliche Interesse oder das Individualinteresse eines Beteiligten am Sofortvollzug überwiegt und warum dies dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht.
3. Alle Vertragsärzte sind zum Notfalldienst in gleich belastender Weise heranzuziehen. Das Funktionieren des ärztlichen Notfalldienstes wäre gefährdet, wenn einzelne Ärzte sich mittels Widerspruchs der Teilnahme entziehen und dadurch die Bereitschaft der übrigen Ärzte, den Notfalldienst zu versehen, beeinträchtigen könnten. Ein Notfalldienst ist verlässlich nicht planbar, wenn jeder zur Teilnahme verpflichtete Vertragsarzt sich durch Widerspruch zumindest teilweise einer Teilnahme entziehen könnte.
4. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Heranziehung zum ärztlichen Notfalldienst ist davon getragen, dass alle niedergelassenen Ärzte gleichermaßen angehalten werden, ihre Pflicht zu erfüllen, den Notfalldienst durchzuführen.
Tenor
Der Streitwert für das Verfahren L 11 KA 61/11 B ER wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Der Antragsteller trägt drei Viertel der Kosten des Verfahrens; die Antragsgegnerin trägt ein Viertel der Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist als Facharzt für Radiologie/Nuklearmedizin in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Aufgrund eines Kooperationsvertrags mit dem Evangelischen Krankenhaus (EVK) L verrichtet er Röntgenbereitschaftsdienst außerhalb der normalen Praxiszeiten.
Nachdem der bis 2007 existierende radiologische Notfalldienst aufgelöst wurde, forderte die Kreisstelle L der Antragsgegnerin den Antragsteller auf, am allgemeinen Notfalldienst teilzunehmen. Auf die "Beschwerde" des Antragstellers geriet die Angelegenheit "in Vergessenheit" (so der Antragsteller im Schreiben vom 15.03.2011). Mit Bescheid vom 23.11.2010 teilte die Kreisstelle L der Antragsgegnerin den Antragsteller zum Notfalldienst für das 1. Halbjahr 2011 ein. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15.03.2011). Mit Verfügung vom 23.02.2011 ordnete die Kreisstelle L die sofortige Vollziehung an. Der unter dem 17.03.2011 beim Sozialgericht (SG) anhängig gemachte Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war erfolgreich. Mit Beschluss vom 20.05.2011 stellte das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs her. Das besondere öffentliche Interesse sei weder in in den Gründen des Bescheides dargelegt noch sonst offensichtlich. Die Antragsgegnerin habe nur dargelegt, dass das Funktionieren des ärztlichen Notfalldienstes gefährdet werde, wenn einzelne Ärzte sich durch die mit der Einlegung des Widerspruchs gegen die Einteilung verbundene aufschiebende Wirkung der Teilnahme entziehen könnten und dadurch die Bereitschaft der übrigen niedergelassenen Ärzte, den ärztlichen Notfalldienst zu versehen, beeinträchtigt werde. Zwar sei mit der Antragsgegnerin davon auszugehen, dass zur Sicherung des Notfalldienstes die Anordnung der sofortigen Vollziehung in der Regel gerechtfertigt sei; hier sei indes zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nach der Ablehnung eines Befreiungsantrags im Jahr 2007 bis Ende 2010 nicht zum Notfalldienst eingeteilt worden sei, ohne dass hierdurch das Funktionieren des Notfalldienstes beeinträchtigt gewesen wäre.
Diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin mit der Beschwerde vom 20.06.2006 angegriffen. Die Akten sind am 30.06.2011 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangen. Unter dem 04.07.2011 hat der Senatsvorsitzende die Bestellung des Berichterstatters und Weiterleitung der Beschwerde an den Antragsteller verfügt. Mit weiterer Verfügung vom 03.08.2011 ist darauf hingewiesen worden, dass kein Rechtsschutzinteresse bestehen dürfte, da die Entscheidung der Antragsgegnerin nur das 1. Halbjahr 2011 betraf. Hierauf hat die Antragsgegnerin das Verfahren für erledigt erklärt (Schriftsatz vom 08.09.2011). Der Antragsteller hat sich dem unter Verwahrung gegen die Kostenlast angeschlossen (Schriftsatz vom 28.09.2011).
II.
1. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Sie berücksichtigt, dass der Sach- und Streitstand nicht genügend Anhaltspunkte gibt, um den Streitwert nach Maßgabe des § 52 Abs. 1 GKG festzusetzen. Somit ist vom Auffangstrei...