Entscheidungsstichwort (Thema)

Entziehung der Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung

 

Orientierungssatz

1. Hat ein Vertragszahnarzt gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten in einem Maß verstoßen, dass seine Teilnahme an dem System der vertragszahnärztlichen Versorgung sowohl den Leistungsträgern als auch den Versicherten auf Dauer unzumutbar ist, so ist ihm die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu entziehen.

2. Eine gröbliche Pflichtverletzung i. S. des § 95 Abs. 6 SGB 5 liegt vor, wenn durch sie das Vertrauen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) und der Krankenkassen in die ordnungsgemäße Behandlung der Versicherten und in die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen durch den Arzt so gestört ist, dass diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arzt nicht zugemutet werden kann.

3. Eine solche gröbliche Pflichtverletzung liegt u. a. dann vor, wenn der Zahnarzt gesetzlich Versicherte dahingehend manipuliert, dass sie, um eine im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung geschuldete vertragszahnärztliche Leistung zu erlangen, gezwungen wurden, zu Gunsten des Zahnarztes eine Zusatzvereinbarung zur Professionellen Zahnreinigung abzuschließen und ihm dafür fortlaufend monatlich nicht unerhebliche Geldleistungen zu erbringen.

4. Hat sich der Vertragszahnarzt in der Vergangenheit als ungeeignet für die vertragszahnärztliche Tätigkeit erwiesen, so lässt dies regelmäßig auch auf seine fehlende Eignung in der Zukunft schließen. Damit ist er zunächst solange als ungeeignet anzusehen, als das Vertrauen der KZV und der Krankenkassen, der Arzt werde zukünftig seine vertragsärztlichen Pflichten erfüllen, noch nicht wiederhergestellt ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.10.2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1944 geborene Kläger wendet sich gegen die Entziehung der Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung.

1978 erhielt er nach dem Studium der Zahnmedizin, verschiedenen Assistententätigkeiten und der zahnärztlichen Vorbereitungszeit die Anerkennung als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie. Noch im gleichen Jahr gründete er eine eigene kieferorthopädische Privatpraxis in T. Mit Wirkung zum April 1986 wurde er zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung für den Bereich Kieferorthopädie mit Vertragszahnarztsitz in I ermächtigt und an der kieferorthopädischen Versorgung der Ersatzkassen beteiligt.

1991 legte der Disziplinarausschuss der Beigeladenen zu 5) (Disziplinarausschuss) dem Kläger insbesondere mit der Begründung, eine Behandlung abgelehnt zu haben, eine Geldbuße i.H.v. 4.000,00 DM auf. Eine weitere Geldbuße i.H.v. 15.000,00 DM wurde dem Kläger mit Beschluss des Disziplinarausschusses vom 06.09.2000 auferlegt, weil er systematisch überhöhte diagnostische und therapeutische Leistungen in Ansatz gebracht hatte. Im anschließenden Klageverfahren (Sozialgericht (SG) Düsseldorf S 2 KA 205/00) wurde die Geldbuße im Wege eines Vergleich am 06.06.2001 auf 5.000,00 DM reduziert. Es folgte ein Rechtsstreit wegen einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarabrechnungen des Klägers (Bescheid bzw. Widerspruchsbescheid der Beigeladenen zu 5) vom 22.03.2002 bzw. vom 15.10.2002), der durch Rücknahme der Klage endete (SG Düsseldorf S 2 KA 179/02). Mit Beschluss vom 15.05.2003 (Bescheid vom 18.09.2003) legte der Disziplinarausschuss dem Kläger eine Geldbuße i.H.v. 8.500,00 EUR im Wesentlichen mit der Begründung auf, der Kläger habe Kassenpatienten in die privatzahnärztliche Behandlung gedrängt. Die dagegen erhobene Klage wies das SG Düsseldorf mit Urteil vom 22.06.2005 (S 2 KA 144/03) ab; im anschließenden Berufungsverfahren (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) L 11 KA 86/05) wurde die Geldbuße durch Vergleich auf 4.000,00 EUR herabgesetzt. Mit der Begründung, dass der Kläger die Abrechnungsbestimmungen zu den BEMA-Positionen 119 (Umformung eines Kiefers) und/oder 120 (Einstellung des Unterkiefers) missachtet und damit eine unzulässige Erhöhung der Anzahl der nach dem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) kontingentbildenden Fälle herbeigeführt habe, ordnete der Disziplinarausschuss mit Beschluss vom 20.01.2005 das Ruhen der Zulassung des Klägers für die Dauer von sechs Monaten an. Seine dagegen erhobene Klage nahm der Kläger im Dezember 2005 zurück (SG Düsseldorf S 2 KA 47/05). Wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde die Anordnung des Ruhens der Zulassung nicht umgesetzt (Beschluss des Senats vom 07.04.2006 - L 11 B 7/06 KA ER -, vorgehend Beschluss des SG Düsseldorf vom 06.02.2006 - S 2 KA 20/06 ER -).

Bereits zuvor hatte die Beigeladene zu 5) mit Schreiben vom 07.04.2005 beantragt, dem Kläger die Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung zu entziehen, weil er durch massive Einflussnahme auf Patienten bzw. deren Eltern von diesen zusätzliche Zahlungen bzw....

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