Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung - Privater Zuschuss zur Absenkung der Miete als Minderung des Bedarfs für die Kosten der Unterkunft
Orientierungssatz
1. Zuschüsse, die dem Grundsicherungsberechtigten von Verwandten zweckbestimmt zur Absenkung der Mietlasten gezahlt werden, wirken sich bedarfsmindernd aus. Sie fließen dem Leistungsberechtigten nicht wirtschaftlich als Einkommen zu.
2. Bei der Aufhebung einer bewilligenden Entscheidung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB 10 sieht das Gesetz keinen Vertrauensschutz hinsichtlich verbrauchter Leistungen vor. Wegen der Rechtsfolgenverweisung auf § 330 Abs. 3 SGB 3 hat der Grundsicherungsträger kein Ermessen auszuüben.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 12.08.2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts, das seine Klage gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid für Dezember 2016 bis April 2017 abgewiesen hat.
Der am 00.00.1964 geborene Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er lebt alleinstehend in einer Kölner Wohnung für die im streitgegenständlichen Zeitraum eine monatliche Gesamtmiete von 665,95 EUR (460,95 EUR Grundmiete, 118 Betriebskosten, 87 Heizkosten) zu zahlen war. Nach einer Kostensenkungsaufforderung kürzte der Beklagte ab dem 01.08.2014 den Unterkunftsbedarf des Klägers um monatlich 100 EUR. Der Kläger teilte mit, dass seine Mutter ab dem 01.08.2016 monatlich 100 EUR zu seinen Unterkunftsbedarfen beisteuern werde. Eine entsprechende schriftliche Erklärung gab die Mutter des Klägers im Juni 2014 ab und zahlte fortan monatlich 100 EUR an den Kläger.
Der Kläger erzielte seit 2013 fast durchgehend Einkünfte aus geringfügigen Beschäftigungen im Reinigungsgewerbe von deren Existenz der Beklagte regelmäßig erst durch Datenabgleiche erfuhr. Dies war in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Erstattungsverfahren und einer Ordnungswidrigkeitsanzeige des Beklagten beim Hauptzollamt. Insoweit wird auf die Aufstellung des Beklagten gegenüber dem Hauptzollamt vom 17.05.2017 Bezug genommen, in der rund 20 Beschäftigungsverhältnisse und eine Schadenshöhe von 9.578,85 EUR dokumentiert wurden. Von Seiten seines Arbeitsvermittlers wurde der Kläger am 18.06.2015 und 18.12.2015 deswegen ausdrücklich angehalten, neue Beschäftigungsverhältnisse neben der Leistungsabteilung auch der Integrationsabteilung per Mail oder persönlich mitzuteilen. Dem Kläger wurde weiter mitgeteilt, dass seine Faxe wegen einer beabsichtigten Ortsabwesenheit zugingen, nicht aber solche mit denen er eine Arbeitsaufnahme anzeige. Dem Kläger wurde mitgeteilt, dass die Möglichkeit einer Strafanzeige wegen Sozialhilfebetrug angedacht werde. Am 15.09.2016 wurde dem Kläger in Bezug auf das 2. Quartal 2016 ein Verstoß gegen seine Anzeigepflicht wegen zwei neuer Beschäftigungsverhältnisse angezeigt. Ihm wurde erneut mitgeteilt, dass neue Beschäftigungsverhältnisse unverzüglich über das Servicecenter, die Eingangszone oder mittels Veränderungsmitteilung anzuzeigen seien. Da wiederholt gegen Anzeigepflichten verstoßen worden sei, sei von einem vorsätzlichen Vorgehen auszugehen (Vermerk vom 15.09.2016).
Mit Bescheid vom 22.08.2016 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 24.10.2016, 10.11.2016, 15.11.2016 und 26.11.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für September 2016 bis Dezember 2016 iHv monatlich 969,95 EUR (404 EUR Regelbedarf + 565,95 EUR Unterkunftsbedarfe) und für Januar 2017 bis August 2017 iHv monatlich 974,95 EUR(409 EUR Regelbedarf + 565,95 EUR Unterkunfts- und Heizbedarfe). Der Beklagte berücksichtigte, dass die Mutter des Klägers zu den Unterkunftskosten monatlich 100 EUR beisteuerte. Einkommen aus Erwerbstätigkeit rechnete der Beklagte nicht an. Indes erzielte der Kläger in diesen Leistungszeiträumen mindestens folgende Erwerbseinkünfte, die jeweils im Folgemonat zugeflossen waren:
November 2016:
J GmbH 58,80 EUR brutto/ netto
I KG 222,95 EUR brutto/ 218,49 netto
Gesamt 281,75 EUR brutto/ 277,29 EUR netto
Dezember 2016:
I KG 377,30 EUR brutto/ 369,75 EUR netto
J GmbH 9,80 EUR brutto/ 9,80 netto
Gesamt 387,10 EUR brutto/ 379,55 EUR netto
Januar 2016:
I KG 367,50 EUR brutto/ 360,15 EUR netto
Februar 2016
I KG 350 EUR brutto/ 343 EUR netto
März 2017
I KG 105 EUR brutto/ 102,90 EUR netto
Nachdem der Beklagte Kenntnis von diesen Einkünften erhielt, hob er ohne gesonderte Anhörung die Leistungsbescheide vom 22.08.2016, 24.10.2016, 10.11.2016, 15.11.2016 und 26.11.2016 für Dezember 2016 bis April 2017 mit Bescheid vom 05.05.202017 teilweise gemäß §§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, 330 Abs. 3 SGB III und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB X auf und forderte Leistungen iHv insgesamt 764,62 EUR vom Kläger zurück.
Am 17.05.2017 und 29.05.2017 legte der Kläger hiergegen über seinen früheren Bevollmächtigten Wi...