Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Zahlung eines Eingliederungszuschusses an den Arbeitgeber
Orientierungssatz
1. Ein für den Leistungsberechtigten gezahlter Eingliederungszuschuss stellt eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des § 21 Abs 4 S 1 SGB 2 iVm § 33 SGB 9 dar.
2. Der Umstand, dass der Zuschuss dem Arbeitgeber bewilligt und gezahlt wird, ist unschädlich.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.03.2014 geändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2012 verurteilt, der Klägerin unter Änderung der bis zum 20.01.2012 ergangenen Bewilligungsbescheide für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 29.02.2012 höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs iHv 35% des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs zu bewilligen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte nach § 21 Abs. 4 SGB II.
Die am 00.00.1962 geborene Klägerin ist mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert. Sie leidet unter einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (Colitis Ulcerosa), die dazu führt, dass sie sehr häufig die Toilette aufsuchen muss, außerdem kann es gelegentlich zu Inkontinenzsymptomen kommen. Die Klägerin benötigt aufgrund ihrer Erkrankung während der Arbeitszeit zusätzliche Wäsche und Utensilien zur Körperreinigung. Am Arbeitsplatz muss eine Toilette in der Nähe sein.
Die Klägerin bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Mit Bescheid vom 09.08.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13.02.2012 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012. Durch Bescheid vom 22.02.2012 bewilligte er Leistungen für den Zeitraum 01.03.2012 bis 31.08.2012.
Zum 01.05.2010 nahm die Klägerin eine Beschäftigung bei dem Institut für Arbeitsmedizin und Begutachtung in S mit einer Arbeitszeit von 25 Stunden wöchentlich und einem Brutto- Stundenlohn iHv 9,00 EUR auf. Hierfür bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24.05.2011 dem Arbeitgeber für die Zeit vom 01.08.2010 bis zum 30.04.2013 einen Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen (§ 16 Abs. 1 SGB II iVm § 219 SGB III), der zunächst 70 vom Hundert des berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts sowie des pauschalen Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag betrug und sich im Verlauf der Beschäftigungszeit verminderte. Die Förderung wurde als Nachteilsausgleich für behinderungsbedingte Einschränkungen und fehlende Berufserfahrung für erforderlich gehalten, um eine dauerhafte Integration der Klägerin in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Nachteile und Minderleistungen der Arbeitskraft der Klägerin waren im Rahmen des Fallmanagements festgestellt worden. Die Klägerin bezog aufstockende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Zum 15.03.2014 nahm sie ein Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber auf, der ebenfalls einen Eingliederungszuschuss erhält.
Mit Schreiben vom 20.01.2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Überprüfung der bisherigen Bewilligungsentscheidung nach § 44 SGB X unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung wegen der bei ihr bestehenden Darmerkrankung sowie eines Mehrbedarfs für behinderte Erwerbstätige.
Mit Bescheid vom 13.02.2012 erkannte der Beklagte einen Mehrbedarf für Ernährung für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 31.12.2011 iHv 36,00 EUR monatlich und für die Zeit ab dem 01.01.2012 iHv 37,40 EUR monatlich an. Die rückwirkende Bewilligung eines Mehrbedarfs für behinderte Erwerbstätige lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 13.02.2012 ab. Die Klägerin stehe in einem vertraglichen Beschäftigungsverhältnis und erhalte keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 02.03.2012 am 05.03.2012 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dem Arbeitgeber sei ein Eingliederungszuschuss für ihre Einstellung speziell als Schwerbehinderte bewilligt worden. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2012 zurück. Bei dem Eingliederungszuschuss handele es sich nicht um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX und auch nicht um eine Eingliederungshilfe nach dem SGB XII.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.04.2012 bei dem Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, der Eingliederungszuschuss sei als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX anzusehen, so dass ihr der Mehrbedarf für behinderte erwerbsfähige Leistungsberechtigte zustehe. Einen entsprechend...