rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Dortmund (Entscheidung vom 24.10.2000; Aktenzeichen S 44 KR 6/00) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 24.10.2000 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer plastischen Operation zur Korrektur der Bauchdecke nach Schwangerschaft (Abdominoplastik).
Die 1977 geborene Klägerin (früherer Name: L ...) ist bei der Beklagten familienversichert. Sie beantragte am 15.09.1999 unter Vorlage eines Attestes der Ärztin für plastische Chirurgie Dr. M ...-L ... sowie einer Bescheinigung des Arztes für Allgemein medizin Dr. T ... die Kostenübernahme für eine operative Korrektur der Bauchwand durch eine Abdominoplastik. In der Bescheinigung von Dr. T ... heißt es, die Klägerin befinde sich seit 1997 wegen Verstimmungszuständen in seiner Behandlung. Während der Schwangerschaft hätten sich massive Schwangerschaftsstreifen gebildet, die sich nach der Geburt negativ auf die Bauchhaut ausgewirkt hätten. Diese bilde einen sogenannten Hängebauch. Die Patientin sei eindeutig irritiert und verstört in ihrem Körperbild und ihrer Selbstwertregulation.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Im Gutachten vom 06.10.1999 beschrieb Dr. B ... ausgiebige weiße Schwangerschaftsstreifen an beiden Seiten des Nabels, auch in der Dorsalansicht im Flankenbereich sowie im Bereich der Oberschenkelinnenseiten. Bei der Untersuchung gab die Klägerin an, sie habe während ihrer Schwangerschaft bis zu 30 kg wegen massiver Wassereinlagerungen zugenommen. Hierdurch sei es zu Gewebeeinrissen am Bauch, an den Oberschenkeln und an den Armen gekommen. Obwohl sie sehr viel Sport getrieben habe, habe sie nach der Entbindung nur langsam an Gewicht verloren. Sie habe Probleme mit der Akzeptanz ihres Körpers, fühle Ekel vor sich selber, habe kein Gefühl im Bauch und möge sich nicht anfassen. Wegen ihrer psychischen Probleme sei sie seit über einem Jahr in Behandlung beim Hausarzt, der auch Psychotherapeut sei und der sie schließlich zur plastischen Chirurgin überwiesen habe. Dr. B ... meinte, bei der Klägerin liege eine Bauchdeckenerschlaffung mit massiven Striae nach Schwangerschaft 1998 vor. Der beschriebene Befund habe jedoch keinen Krankheitswert; es sei nicht so, dass ein Hautfettlappen im Unterbauchbereich überhänge mit Hauterkrankungen. Es liege auch keine Missbildung oder ein erheblich entstellender Befund vor, vielmehr handele es sich um einen physiologischen Zustand nach abgelaufener Schwangerschaft mit Gewichtszunahme von bis zu 30 kg. Der Befund am Bauch beeinträchtige auch keine Funktion. Bei dem beantragten operativen Eingriff handele es sich eher um eine kosmetisch-ästhetische Indikation bei sehr hohem subjektiven Leidensdruck der Versicherten. Die Äußerungen der Versicherten deuteten auf eine erhebliche Selbstwertproblematik und ein gestörtes Körperbild hin, so dass eher eine psychologische Behandlung zu empfehlen sei.
Mit Bescheid vom 12.10.1999 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die beantragte Bauchdeckenoperation ab. Im Widerspruchsverfahren übersandte die Klägerin eine Bescheinigung des Psychiaters Dr. G ... vom 26.10.1999, in der es heißt: Bei der Klägerin bestehe eine länger andauernde depressive Störung; sie erlebe die Striae, die nach der Geburt entstanden seien, als eine körperliche Stigmatisierung und Belastung mit Störung des Selbstwertgefühles. Ferner übersandte die Klägerin Fotografien zur Dokumentation der Streifen. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin vorgetragen, ihr Bindegewebe sei durch die Schwangerschaft irreversibel zerrissen; weder durch Sport noch Gymnastik sei eine Korrektur der Narben möglich. Der Körperzustand sei für eine 21-Jährige erheblich entstellend, die Grenze zum normalen Aussehen werde überschritten. Es handele sich nicht um eine kosmetische Operation, vielmehr um einen Eingriff, wie er z.B. zur Narbenkorrektur nach Unfällen üblich sei.
Mit Urteil vom 24.10.2000 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, die Kosten für eine Bauchdeckenkorrektur zu übernehmen. Es sei davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung des Alters der Klägerin ein regelwidriger Körperzustand bestehe, weil die Narben eine erhebliche Entstellung bedeuteten.
Die Beklagte rügt im Berufungsverfahren, das Sozialgericht habe den Krankheitsbegriff verkannt. Ein regelwidriger Körperzustand sei nur zu bejahen, wenn der Körper- oder Geisteszustand vom Leitbild des gesunden Menschen abweiche, wobei maßgeblich sei, ob der Versicherte zur Ausübung der normalen psychischen und physischen Funktionen in der Lage sei. Die Striae beeinträchtigten die physische Funktion jedoch nicht. Soweit eine psychische Regelwidrigkeit vorliege, sei diese mit Mitteln der Psychiatrie zu behandeln.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom...