Entscheidungsstichwort (Thema)
Innungsverband iS von § 88 Abs 2 SGB 5. kein Verhandlungsrecht für regionale Innungen oder einzelne Zahntechniker
Orientierungssatz
1. Innungsverband iS von § 88 Abs 2 SGB 5 ist allein der Zusammenschluß der im Vertragsbereich vorhandenen Zahntechnikerinnungen.
2. Eine regionale Innung oder einzelne Zahntechniker haben kein Recht, anstelle des Innungsverbandes die Preisverhandlungen auf Landesebene zu führen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin, an Vereinbarungen über die Vergütungen für die nach dem bundeseinheitlichen Verzeichnis abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen teilzunehmen.
Die Klägerin ist die größte Innung der Zahntechniker im Bezirk Nordrhein. Ca. 500 Betriebe sind Mitglied der Klägerin. Daneben bestehen im Bezirk Nordrhein zwei weitere Innungen in Köln/Aachen und Bonn, die über einen Mitgliedsbestand von ca. 250 bzw. ca. 60 Mitgliedsbetrieben verfügen.
Die Klägerin kündigte ihre freiwillige Mitgliedschaft im Landesinnungsverband für das Zahntechnikerhandwerk Nordrhein-Westfalen zum Jahresende 1996. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin, dass die Klägerin nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils dem Landesinnungsverband für das Zahntechnikerhandwerk NRW (wieder) beigetreten sei.
Im Februar 1999 teilte die Klägerin dem Beklagten zu 2) mit, sie werde an den Verhandlungen nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB V eigenständig und unmittelbar teilnehmen. Deshalb bitte sie den notwendigen Schriftverkehr direkt mit ihr zu führen. Dies lehnte der Beklagte zu 2) ab, da das Gesetz von Innungsverbänden und nicht von einzelnen Innungen spreche; Vertragspartner im Bezirk Nordrhein sei allein der Landesinnungsverband für das Zahntechnikerhandwerk NRW.
Der Landesinnungsverband für das Zahntechnikerhandwerk NRW stimmte der Rechtsauffassung des Beklagten zu 2) ausdrücklich zu.
Dem trat die Klägerin entgegen. Das Gesetz spreche keineswegs von Landesinnungsverbänden, sondern mit gutem Grunde nur von Innungsverbänden. Die Vorschrift des § 88 Abs. 2 SGB V bestimme nicht, dass bezüglich der Vertragsverhandlungen Begriffe und Strukturen der Handwerksordnung maßgeblich seien. Die Handwerksordnung kenne keinen Zwang zur Bildung und Zugehörigkeit eines Landesinnungsverbandes. Dieser Zwang könne nicht durch die sozialgesetzliche Vorschrift des § 88 Abs. 2 SGB V geschaffen werden. Es sei auch der Einflußnahme der Krankenkassen entzogen, in welcher Art und Weise sich die Zahntechniker für die entsprechenden Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen organisieren. Seit jeher gebe es Innungen eines Vertragsbereiches, die, ohne in einem Landesinnungsverband zusammengeschlossen zu sein, Verträge mit den Kassen geschlossen hätten. Die Klägerin möchte ausdrücklich klarstellen, dass sie keine separaten Verhandlungen mit den Krankenkassen begehre, sondern nur an den Verhandlungen zusammen mit den anderen Innungen des Vertragsbereiches teilnehmen wolle. Dies sei auch deshalb bedeutsam, weil die Klägerin die größte Innung des Vertragsbereiches sei. Allein die Verhandlungsgemeinschaft der Innungen Düsseldorf, Köln und Bonn stelle den Innungsverband im Sinne von § 88 Abs. 2.SGB V dar.
Der Beklagte zu 2) legte nochmals seine Ansicht dar, dass der Klägerin ein Teilnahmerecht an den streitigen Vertragsverhandlungen nicht zustehe. Er verwies auf den Gesetzeswortlaut sowie die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 01.07.1992 -- 14 a/6 RKa 22/91 --, in der für die insoweit gleichlautende Vorschrift entschieden worden sei, dass einer einzelnen Innung -- wie der Klägerin -- eine Vertragskompetenz im Sinne von § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht zustehe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach der Handwerksordnung kein Zwang zur Bildung und zur Zugehörigkeit zu einem Landesinnungsverband gegeben sei.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihr Begehren gerichtlich geltend gemacht. Zur Begründung hat sie unter Verweis auf die außergerichtliche Korrespondenz vorgetragen, sie strebe Verhandlungen im Verbund mit den weiteren Innungen des Vertragsbereiches an, da sie mit diesen Innungen des Vertragsbereiches -- und zwar unabhängig von deren Willen -- einen Innungsverband im Sinne von § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB V bilde. Sie hat nochmals dargelegt, dass "Innungsverband" mit dem handwerksrechtlichen "Landesinnungsverband" nicht gleichzusetzen sei. Sinn und Zweck des § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB V sei es, eine regionale Vergütungsvereinbarung unter Ausschluß lokaler Zuständigkeiten zu erreichen. Dem könne nur durch ein einheitliches und gemeinschaftliches Auftreten der Innungen eines Vertragsbereiches Rechnung getragen werden. Die Vorschrift des § 88 Abs. 2 Satz 1 SGB V beinhalte nicht nur eine Berechtigung zur Verhandlungsführung, sondern auch eine Verpflichtung. Wegen des Fehlens der Klägerin bei den Vertragsverhandlungen im März 1999 seien diese Verhandlungen nichti...