Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des behinderten Kindes auf Übernahme der Kosten für eine Petö-Therapie durch den Sozialhilfeträger
Orientierungssatz
1. Eine Übernahme der Kosten für eine Petö-Therapie durch den Sozialhilfeträger nach §§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 12, 12 Nr. 1 EinglHV ist ausgeschlossen, wenn es sich dabei nicht um Hilfen der sozialen, sondern der medizinischen Rehabilitation handelt.
2. Bei der konduktiven Förderung nach Petö handelt es sich um ein multidimensionales Verfahren zur Förderung motorisch beeinträchtigter Kinder. Therapieziel ist eine verbesserte Eingliederung in ein schulisches System.
3. Sind die Therapien nicht auf ein bestimmtes Bildungsziel i. S. von §§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 12, 12 Nr. 1 EinglHV ausgerichtet, sondern auf die allgemeine Förderung und Stärkung der motorischen Fähigkeit, so ist ein Anspruch auf Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger ausgeschlossen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.01.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist noch die Erstattung von Kosten für die Inanspruchnahme von Leistungen der konduktiven Therapie nach Petö.
Die am 00.00.1996 in Polen geborene Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und den Merkzeichen G, aG, H und RF, ferner schwerstpflegebedürftig nach (im streitigen Zeitraum) Pflegestufe III. Sie leidet an einer schweren körperlichen und geistigen Behinderung bei Spina Bifida mit thorako-lumbaler Querschnittslähmung. U.a. liegen bei ihr Bewegungsstörungen, Krampfleiden, Stuhl- und Harninkontinenz, eine hochgradige Schwerhörigkeit, Sprachentwicklungsbehinderung sowie eine allgemeine Entwicklungsverzögerung vor. Die Klägerin spricht einzelne Laute. Kommuniziert wird u.a. mit Bildern und Bewegungen des Kopfes. Zudem kommt bei ihr ein sog. Alpha-Talker zum Einsatz.
In der Vergangenheit - seit Mitte 2008 - bewilligte der Beklagte der Klägerin regelmäßig die Kostenübernahme für eine konduktive Therapie nach Petö durch das Zentrum für Konduktive Therapie in P (Beigeladener) als laufende Behandlung mit 3 Blockstunden einmal pro Woche (kontinuierliche Therapie) sowie Intensivtherapie mit 20 Behandlungstagen bei 6 Stunden täglich (sog. Blocktherapie), zuletzt mit Bescheid vom 17.05.2013 für die Zeit vom 01.06.2013 bis 31.05.2014. Ferner besuchte die Klägerin - mit Unterstützung eines Integrationshelfers - eine Förderschule mit dem Förderungsschwerpunkt Geistige Entwicklung und erhielt Physiotherapie, Logopädie sowie Ergotherapie in der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. Ferner ist sie neben dem sog. Alpha-Talker mit weiteren Hilfsmitteln (Rollstuhl, Pflegebett, Badehilfe, Unterschenkelorthesen bds.) versorgt.
Am 23.05.2014 beantragte die Klägerin - unter Einreichung diverser ärztlicher Unterlagen und Stellungnahmen - die Weiterbewilligung der Kostenübernahme für die Petö-Therapie ab dem 01.06.2014. U.a. wurden ein Therapiebericht über die im Jahre 2013 verfolgten Ziele und ein Kostenvoranschlag des Zentrums für konduktive Therapie in P für 4 bzw. 5 Behandlungstage als kontinuierliche Therapie sowie 20 Behandlungstage als Intensivtherapie vom 02.05.2014 beigefügt. In dem Bericht heißt es u.a. über die Ziele für das Jahr 2014:
"Es sollten ihre (der Klägerin) Grundbewegungen (Rollen, Krabbeln) weiter gefördert werden
Es sollte ihre Rumpfstabilität gefördert werden, dadurch ihre Körperhaltung und Sitzsicherheit verbessert werden
Es sollte ihr Hantieren weiter gefördert und verbessert werden
Es sollte ihre Mundmotorik weiter gefördert werden
Es sollte ihr Stehen und Gehen weiter gefördert werden".
Weiterhin heißt es in dem Bericht: "B profitiert weiterhin sehr gut von der konduktiven Förderung. Ihre Körperhaltung, ihr Sitzen und auch das Greifen, Halten, Loslassen sind in dem Alltag (Zuhause und auch in der Schule) sehr wichtig. Sie lernt immer was dazu. Sie hält dadurch, dass sie einmal pro Woche kommt und jährlich eine Blocktherapie machen kann, sehr gut ihren Zustand und lernt immer etwas dazu. Wir empfehlen die Konduktive Förderung dringend weiterzuführen".
Der Beklagte holte bei seinem Fachdienst Gesundheit eine amtsärztliche Stellungnahme vom 11.09.2014 zu dem Antrag der Klägerin ein. Diese gelangte zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Verbesserung der Teilhabe nicht habe erreicht werden können und medizinische Ziele bei der Petö-Therapie im Sinne von medizinischer Rehabilitation im Vordergrund stünden. Die Therapie diene nicht der Sicherung oder Verbesserung des Schulbesuches. Dieser werde zum jetzigen Zeitpunkt u.a. durch die Gewährung eines Integrationshelfers sichergestellt. Auch sei die Klägerin mittlerweile in der Berufspraxisstufe und werde auf das Arbeitsleben vorbereitet.
Mit Schreiben vom 12.12.2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er beabsichtige, den Antrag auf Kostenübernahme für die Petö-Therapi...