Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit. wichtiger Grund. Zuzug zum Ehegatten. Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Obliegenheitsverletzung. Verschulden
Orientierungssatz
Es ist nur dann gerechtfertigt, die Folgen der Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses wegen Zuzug zum Ehegatten nicht der Solidargemeinschaft aufzubürden, wenn die Obliegenheitsverletzung (Vermeidung des Versicherungsfalls der Arbeitslosigkeit) auf einem nicht unerheblichen Verschulden beruht und damit im Rahmen der abwägenden Wertung zwischen wichtigem Grund iS von § 144 Abs 1 Nr 1 SGB 3 und Obliegenheitsverletzung ein vertretbares Verhältnis besteht.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.11. bis 12.12.1998 sowie die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für diese Zeit.
Die 1973 geborene Klägerin ist Krankenschwester. Sie war nach ihrer Ausbildung seit Oktober 1994 im A-Krankenhaus in B versicherungspflichtig beschäftigt. Im Sommer 1998 entschloss sie sich zu heiraten. Ihr zukünftiger Ehemann wohnte in K (Westf.). Nachdem dieser zunächst versucht hatte, einen Studienplatz in B zu erhalten und nach dort umzuziehen, bemühte er sich im Sommer 1998 telefonisch bei verschiedenen Krankenhäusern in der Umgebung seines Wohnortes um eine Stelle für seine Verlobte. So fragte er im Juli/August 1998 bei der Pflegedienstleitung des E Krankenhauses U nach (Bescheinigung vom 26.08.1999). Am 01.09.1998 schloss die Klägerin mit ihrer Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag, nach dem das Arbeitsverhältnis zum 31.10.1998 endete. Am 07.10.1998 heiratete sie in K (Westf.). Sie arbeitete sodann bis Ende Oktober 1998 auf der Intensivstation des A-Krankenhauses in B-S. Resturlaub stand ihr nicht mehr zu. Am 01.11.1998 zog die Klägerin zu ihrem Ehemann nach K. Sie meldete sich am 04.11.1998 bei der dortigen Dienststelle des Arbeitsamtes H arbeitslos und beantragte Alg.
Die Beklagte stellte darauf durch Bescheid vom 10.12.1998 den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.11.1998 bis 23.01.1999 fest und bewilligte ihr Alg ab 24.01.1999. Sie war der Auffassung, die Klägerin könne sich auf einen wichtigen Grund für die von ihr herbeigeführte Arbeitslosigkeit nicht mit Erfolg berufen, weil sie sich spätestens ab 01.09.1998 mit dem zukünftigen örtlichen Arbeitsamt hätte in Verbindung setzen müssen, um zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine neue Stelle im Einzugsbereich von K zu finden. Dies habe sie unterlassen, so dass der Eintritt einer Sperrzeit gerechtfertigt sei. Hiergegen erhob die Klägerin am 04.01.1999 Widerspruch. Sie machte geltend, es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, eine Wochenendehe zu führen. Sie habe aufgrund eigener Initiative am 01.02.1999 wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen und sei nicht mehr arbeitslos. Die Beklagte verkürzte daraufhin die Sperrzeit durch Bescheid vom 19.04.1999 auf die Dauer vom 01.11. bis 12.12.1998 und bewilligte der Klägerin Alg ab 13.12.1998. Den weitergehenden Widerspruch wies sie durch Bescheid vom 10.05.1999 mit der bisherigen Begründung zurück (abgesandt am 10.05.1999).
Hiergegen richtet sich die am 20.05.1999 erhobene Klage. Die Klägerin hat zu deren Begründung weiterhin die Auffassung vertreten, sie sei aus Anlass der Heirat am 07.10.1998 zu ihrem Ehemann gezogen. Es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, eine Wochenendehe zu führen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.12.1998 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.04.1999 und des Widerspruchsbescheides vom 10.05.1999 zu verurteilen, ihr Alg ab 01.11.1998 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat weiterhin darauf verwiesen, die Klägerin hätte sich bereits im Zeitpunkt der Kündigung um die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung am neuen Wohnort K bemühen müssen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 15.03.2000 stattgegeben, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von Alg ab 01.11.1998 verurteilt. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches -- Arbeitsförderung -- (SGB III) einen wichtigen Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehabt, weil sie am 07.10.1998 geheiratet habe und zeitbezogen zur Eheschließung von B zu ihrem Ehemann nach K in Nordrhein-Westfalen gezogen sei. Das Bundessozialgericht (BSG) habe dies bisher als wichtigen Grund anerkannt (BSG SozR 4100 § 119 Nr. 2, 28, 29, 33). Es sei von dieser Auffassung auch nicht durch die von der Beklagten herangezogenen Urteile vom 26.03.1998 -- B 11 AL 49/97 R -- und 29.04.1998 -- B 7 AL 56/97 R -- abgewichen, weil diese Entscheidungen den Zuzug zum Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft beträfen. Das BSG habe in seinem Urteil vom 05.11.1998 -- B 11 AL 5/98 R -- erneut zum Ausdruck gebracht, dass nur beim Zuzug zu einem ...