Entscheidungsstichwort (Thema)

Dauer der Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses

 

Orientierungssatz

1. Die Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5, endet grundsätzlich mit Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endet, § 190 Abs. 2 SGB 5.

2. Ist in einem anschließenden arbeitsgerichtlichen Vergleich lediglich eine - allein die Vertragsparteien bindende - Einigung über das Ende des Arbeitsverhältnisses getroffen worden, so ist dies für die Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung ohne Bedeutung.

3. Hat der Versicherte im Anschluss an das Beschäftigungsverhältnis weder Verletzten noch Krankengeld bezogen, so wird eine Mitgliedschaft auch nicht nach § 192 SGB 5 weiter aufrechterhalten.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 21. März 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die freiwillige Mitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 24. März 2016 bis zum 5. Oktober 2017.

Der am 00.00.1946 geborene Kläger war - seit einem nicht näher bekannten Zeitpunkt - aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der G GbR/Salzkotten (im Folgenden: Arbeitgeber) Mitglied der Beklagten und der Beigeladenen. Zugleich bezieht er seit 1. Mai 2011 eine Regelaltersrente.

Der Kläger erlitt am 9. Juni 2015 einen Arbeitsunfall (Stauchung und Zerrung des rechten Daumens) und bezog nach der Entgeltfortzahlung durch seinen Arbeitgeber vom 24. Juli 2015 bis 23. Februar 2016 Verletztengeld von der Berufsgenossenschaft (BG) Verkehr.

Der Kläger wurde zum 23. März 2016 von seinem Arbeitgeber von der Sozialversicherung abgemeldet.

Vor dem Arbeitsgericht Paderborn (Sitzung vom 5. Oktober 2017, Az.: 2 Ca 1182/17) schlossen der Kläger und sein Arbeitgeber folgenden Vergleich:

"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 5.10.2017 seine Beendigung findet.

2. Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an den Kläger eine Abfindung gemäß den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 1.550,00 EUR brutto.

3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger während des Bestands des Arbeitsverhältnisses entsprechend den gesetzlichen Vorschriften versichert war.

4. Damit sind alle wechselseitigen finanziellen Ansprüche der Parteien aus dem beendeten Arbeitsverhältnis, mögen sie Gegenstand dieses Rechtsstreits gewesen sein oder nicht, gleich auf welchem Rechtsgrund und welchen Tatsachen sie beruhen mögen, gleich ob bekannt oder unbekannt, erledigt. Die Parteien sind sich insbesondere darüber einig, dass Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers nicht bestehen. Die Parteien sind sich auch darüber einig, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall im Jahr 2015 ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt von der Beklagten nicht bezogen hat. (...)."

Mit Bescheid vom 23. März 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2016 lehnte die zuständige BG Verkehr die weitere Zahlung von Verletztengeld über den 23. Februar 2016 hinaus ab. Zur Begründung bezog sie sich auf eine am 23. Februar 2016 erfolgte Untersuchung des Klägers in der BG-Klinik Duisburg, bei der keine unfallbedingten Verletzungen mehr gefunden wurden. Verschleiß- und schicksalsbedingte Veränderungen des Daumensattelgelenks (Arthrose) seien Ursache der geklagten Beschwerden. In einem von der BG Verkehr in Auftrag gegebenen Gutachten vom 23. Juni 2016 bestätigte der Unfallchirurg Dr. A die medizinische Einschätzung der BG (Befund: geringfügige Bewegungseinschränkung beider Daumen im Grund- und Endgelenk; Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar). Im Rahmen des sich hieran anschließenden Klageverfahrens lehnte das Sozialgericht (SG) Detmold mit Beschluss vom 7. Dezember 2016 die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab (Az. S 14 U 343/16). Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) durch Beschluss vom 8. März 2017 zurück (Az. L 4 U 61/17 B). Das Klageverfahren endete durch Klagerücknahme.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er von seinem Arbeitgeber zum 30. April 2016 von der Sozialversicherung abgemeldet worden sei. Die Mitgliedschaft werde sich ab dem 1. Mai 2016 als beitragspflichtige Mitgliedschaft fortsetzen, wenn nicht innerhalb von 14 Tagen widersprochen und eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen werde (§ 188 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫).

Dagegen legte der Kläger am 1. Juli 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass er seit dem 9. Juni 2015 aufgrund des Arbeitsunfalls durchgehend arbeitsunfähig krank sei. Eine Kündigung seitens des Arbeitgebers sei nicht erfolgt, s...

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