Nachgehend

BSG (Beschluss vom 08.11.2022; Aktenzeichen B 2 U 65/22 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 17.05.2021 wird zurückgewiesen.

Dem Kläger werden Verschuldenskosten i. H. v. 1.000,00 EUR auferlegt.

Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente.

Der am 00.00.1968 geborene Kläger erlitt bei seiner Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter der Firma O am 07.12.2010 gegen 11.50h einen Unfall, bei dem ihm ein entgegenkommendes Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h in die Fahrerseite fuhr.

Der Durchgangsarzt Dr. H, der den Kläger um 12:25 Uhr untersuchte, diagnostizierte eine Distorsion der Halswirbelsäule, eine Schädelprellung sowie eine Thoraxprellung. Es zeigten sich am Kopf im Bereich des linken Ohres eine leichte Rötung und Schwellung. Auffälligkeiten der Bewusstseinslage sowie der Orientierung konnten nicht festgestellt werden. In dem Durchgangsarztbericht heißt es weiter, der Kläger sei nicht bewusstlos gewesen und es habe keine retrograde Amnesie bestanden. Die neurologische Untersuchung zeigte keinerlei Ausfälle. Knöcherne Verletzungen wurden ebenfalls ausgeschlossen. Anschließend befand sich der Kläger bis zum 10.12.2010 in stationärer Beobachtung im Evangelischen Krankhaus in X. Eine dort veranlasste Kernspintomographie des Schädels und der Halswirbelsäule vom 09.12.2010 brachte ebenfalls keine Hinweise auf knöcherne oder intracranielle Verletzungen zur Darstellung. Anschließend bestand Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.12.2010.

Im Rahmen einer neurologischen Untersuchung durch Dr. R am 07.04.2011, die wegen fortdauernder Beschwerden veranlasst worden war, wurden Konzentrationsstörungen, Schwindel sowie ausgeprägte Wetterfühligkeit beklagt. Der Neurologe und Psychiater Dr. E führte in einem Befundbericht vom 06.07.2012 aus, der Kläger sei nach seinen Angaben seit dem Unfall nicht mehr belastbar, leide an Konzentrationsstörungen und habe beruflich zurückgesteckt. Der Kläger habe sich 2009 nach längerer Vorgeschichte von seiner Ehefrau getrennt und lebe derzeit bei seiner Mutter. Es bestehe nur eine begrenzte Akzeptanz für mögliche psychosomatische Aspekte im Krankheitsbild. Im weiteren Verlauf stellte sich der Kläger wegen Kopfschmerzen, Schwindel und Kiefergelenksbeschwerden am 05.02.2013 in der Neurologie des UKM N bei Dr. T vor. Hier wurde der Verdacht auf einen leichtgradigen posttraumatischen Kopfschmerz sowie eine Myoarthropathie geäußert. Eine organische Ursache für die Beschwerden konnte jedoch nicht gefunden werden. Eine weitere Kernspintomographie des Schädels vom 28.10.2013 ergab einen altersentsprechenden Befund. Auch bei Dr. E und bei Dr. T hatte der Kläger eine Bewusstlosigkeit nach Anprallen des Kopfes ausdrücklich verneint.

Mit Bescheid vom 22.07.2014 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 07.12.2010 als Arbeitsunfall mit der Folge einer HWS-Distorsion, einer Schädelprellung sowie einer Thoraxprellung an. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 02.01.2011 bestanden. Die darüber hinausgehende Behandlungsbedürftigkeit sei nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens des Neurologen und Psychiaters Dr. A vom 19.01.2015 und nach Auswertung der Unterlagen durch den Beratungsarzt Dr. Z vom 12.03.2015 mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2015 zurück. Im Rahmen der hiergegen erhobenen, auf die Gewährung einer Rente und Anerkennung von Konzentrationsstörungen, Schwindel, Myoarthropathie, postkommotionelles Syndrom, posttraumatischen Kopfschmerz und Wetterfühligkeit als weitere Unfallfolgen bei dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage (Az. S 19 U 287/15) holte das Sozialgericht ein Gutachten bei Dr. B vom 17.03.2017 sowie von Dr. S nach § 109 SGG vom 17.10.2017 ein, die jeweils keine unfallabhängigen Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet feststellen konnten. Dr. B führte insoweit aus, der Kläger zeige ein gewohnheitsmäßiges Ausweichen in körperliche Beschwerdevorträge, womit er dem "durch den Unfall geschädigten Kopf" die Schuld an seinem Scheitern gebe, wenn er anders seine besonders positive Sicht auf sich selber nicht aufrecht erhalten könne bzw. eine Situation ihn in seinem Selbstbild kränke. Es handele sich hierbei um eine undifferenzierte Somatisierungsstörung (F.45.1 ICD 10) mit regelmäßig erkennbaren Übergängen zu bewusstem Tendenzverhalten. Eine Anpassungsstörung sei mangels relevanter anhaltender Unfallfolgen nicht ersichtlich. Dr. S stimmte dem Gutachten von Dr. B ausdrücklich zu. Mit Urteil vom 14.05.2018 wies das Sozialgericht die Klage ab. In der nicht-öffentlichen Sitzung vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Az.: L 15 U 916/18) nahm der Kläger die Klage zurück. Die Beklagte erklärte sich bereit, den Kläger über die Gewährung einer Rente zu bescheiden.

Mit Bescheid vom 30...

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