Entscheidungsstichwort (Thema)
Fremdrentenrecht. Übergangsregelung. Kürzung der Entgeltpunkte aus fremdrechtlichen Beitrags- und Beschäftigungszeiten. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Art 6 § 4c FANG idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (juris: RVAltGrAnpG) vom 20.4.2007 (BGBl I 2007, 554) ist mit den Vorgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua = BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 - vereinbar. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, die vom BVerfG für rentennahe Jahrgänge für geboten erachtete Übergangsregelung so auszugestalten, dass für diese Jahrgänge auf Dauer keine oder eine geringere Kürzung der Entgeltpunkte verbleibt.
2. Gerade die vom BVerfG für ausreichend erachtete Möglichkeit zur Anpassung der Lebensführung an den deutlich niedrigeren Rentenbetrag lässt darauf schließen, dass die Absenkung der Rentenhöhe für rentennahe Jahrgänge - auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten - zulässig ist, denn ansonsten wäre es nicht erforderlich gewesen, für diesen Personenkreis eine Übergangsregelung zur Anpassung der Lebensführung auf den auf Dauer niedrigeren Rentenbetrag für verfassungsrechtlich geboten zu halten.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.03.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Absenkung der Entgeltpunkte (EP) für ihre nach dem Fremdrentengesetz (FRG) festgestellten Zeiten auf 60% (Rentenartfaktor 0,6) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens.
Die am 00.00.1939 geborene Klägerin reiste am 20.06.1989 aus der ehemaligen Sowjetunion in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein und bezieht seit dem 01.12.1999 Altersrente für Frauen. Im Bewilligungsbescheid vom 09.12.1999 war die Summe der nach dem FRG anzurechnenden Arbeitsentgelte mit dem Faktor 0,6 multipliziert worden.
Am 26.02.2007 beantragte die Klägerin im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 13.06.2006 (Az: 1 BvL 9/00 , 11/00, 12/00, 5/01, 10/04) die Überprüfung des Bescheides vom 09.12.1999 gem. § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Neuberechnung ihrer Rente. Nachdem zunächst die vom Gesetzgeber entsprechend den Vorgaben des BVerfGs zu schaffende Übergangsregelung in Art. 6 § 4 c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) abgewartet worden war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2007 die Rücknahme des Bescheides vom 09.12.1999 ab. Die Neuregelung begünstige Personen, die vor dem 01.01.1991 nach Deutschland gekommen seien und deren Rente nach dem 30.09.1996 begonnen habe. Weitere Voraussetzung sei aber, dass der Überprüfungsantrag bis zum 31.12.2004 gestellt worden sei. Die Klägerin habe ihren Überprüfungsantrag aber erst danach, am 26.02.2007, gestellt. Den Widerspruch der Klägerin vom 20.08.2007, in dem diese die Auffassung vertrat, dass sie die Voraussetzungen der Übergangsregelung erfülle, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2007 unter Hinweis auf die Neuregelung des Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG durch das am 30.04.2007 verkündete "Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung" (RV-AltersgrenzenanpassungsG) zurück.
Die Klägerin hat am 16.11.2007 Klage erhoben und vorgetragen, dass auch die gesetzliche Neuregelung verfassungswidrig sei. Das BVerfG habe in der vorgenannten Entscheidung festgestellt, dass bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsakte von der Entscheidung "für die Zeit vor Bekanntgabe unberührt" blieben. Damit gelte dies im Umkehrschluss nicht für die Zeit nach Bekanntgabe der Entscheidung.
Mit Urteil vom 26.03.2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte zu Recht die Rücknahme des Bescheides vom 09.12.1999 gem. § 44 SGB X abgelehnt habe. Die Kürzung der Entgeltpunkte gemäß § 22 Abs. 4 FRG um 40 v.H. für die dem Personenkreis des § 1 S. 1 Buchst. a FRG angehörende Klägerin sei rechtmäßig. Im Zuge der sich ändernden politischen Verhältnisse sowohl in der BRD als auch in den Staaten des Ostblocks habe der Gesetzgeber nicht mehr an dem im Jahr 1960 im FRG verankerten Eingliederungsprinzip festgehalten und in der Folgezeit die Leistungen nach dem FRG stufenweise abgesenkt. Zuletzt mit der Einführung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 sei sodann das Eingliedrungsprinzip aufgegeben und der bereits durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) eingeführte prozentuale Abschlag für Rentenansprüche ab dem 01.10.1996 von 30 v.H. auf 40 v.H. erhöht worden. Die Absenkung der auf ...