Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. Vermittlungstätigkeit. wirtschaftliche Verflechtung zwischen Vermittler und Arbeitgeber. Personenidentität
Orientierungssatz
1. Eine Vermittlungstätigkeit iS von § 421g SGB 3 setzt voraus, dass Vermittler und Arbeitgeber, mit dem das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitssuchenden angebahnt wird, nicht wirtschaftlich miteinander verflochten sind. Der Vermittler muss im Verhältnis zum Arbeitgeber noch "Dritter" sein.
2. Von einer wirtschaftlichen Verflechtung ist bei einem Beherrschungsverhältnis zwischen beiden auszugehen, aufgrund dessen von einer selbstständigen voneinander unabhängigen Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann (vgl BGH vom 12.3.1998 - III ZR 14/97 = BGHZ 138, 170, SG Aurich vom 26.3.2003 - S 5 AL 60/02 = info also 2003, 224, SG Stralsund vom 21.8.2003 - S 4 AL 36/03).
3. Auch wenn Vermittler und Arbeitgeber gesellschaftsrechtlich formell selbstständig sind, weil es sich jeweils um getrennte juristische Personen (GmbH) handelt, liegt eine die Vermittlungstätigkeit iS von § 421g SGB 3 ausschließende wirtschaftliche Verflechtung vor, wenn zwischen dem Alleingesellschafter und allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer beider Gesellschaften Personenidentität besteht und er beide Gesellschaften beherrscht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 02.07.2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind Ansprüche der Klägerin auf Auszahlung von Vermittlungsvergütungen.
Die Klägerin betreibt unter anderem die Vermittlungen von Arbeitsverhältnissen und Personaldienstleistungen. Sie beantragte die Auszahlung von Vermittlungsvergütungen für die Vermittlung von Beschäftigungsverhältnissen der Arbeitnehmer G T, K H, N C, L C1, G N, T M und E B. Alle Arbeitnehmer hatten von der Beklagten Vermittlungsgutscheine erhalten. Sie wurde von der Firma K GmbH eingestellt. Gegenstand dieses Unternehmens ist der Transport und die Zustellung von Postsendungen. Alleingesellschafter und allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin und der Firma K GmbH war und ist O M1. Die Geschäftsadressen beider Firmen waren zum damaligen Zeitpunkt identisch. Nach den Angaben des Geschäftsführers waren in der K GmbH Anfang 2004 ca. 150 Mitarbeiter beschäftigt, heute seien es über 500.
Die Beklagte lehnte die Zahlung von Vermittlungsvergütungen mit Bescheiden vom 16.01.2004 (T) und Widerspruchsbescheid vom 29.01.2004, 26.08.2003 (H) und Widerspruchsbescheid vom 15.10.2003, 20.01.2004 (C) und Widerspruchsbescheid vom 10.02.2004, 05.02.2004 (C1) und Widerspruchsbescheid vom 17.02.2004, 14.08.2003 (N) und Widerspruchsbescheid vom 08.03.2004, 19.02.2004 (M) und Widerspruchsbescheide vom 13.05.2004 sowie 29.03.2004 (B) und Widerspruchsbescheid vom 03.05.2004 ab. Zur Begründung führte sie aus, es liege keine Vermittlung im Sinne von § 421g Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in Verbindung mit § 296 Abs. 2 Satz 1 SGB III vor. Vermittlung bedeute, dass ein Dritter als Vermittler zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer zur Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses tätig werde. Bei Personenidentität zwischen Vermittler und Arbeitgeber liege daher keine Vermittlung vor.
Gegen die genannten Ablehnungsbescheide haben sich die vom Sozialgericht Aachen gemäß § 113 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verbundenen Klagen gerichtet. Die Klägerin hat vorgetragen, aufgrund der Tatsache, dass es sich bei ihr und der K GmbH um zwei verschiedene juristische Personen handele, liege eine Arbeitsvermittlung im Sinne des § 296 SGB III vor. Sie sei gegenüber der Firma K GmbH Dritter. Für eine Verweigerung der Zahlung gebe es keine Rechtsgrundlage. Sie habe Anspruch auf Zahlung der betreffenden Vermittlungsvergütungen.
Die Beklagte hat auf die Begründung der angefochtenen Entscheidungen verwiesen.
Das Sozialgericht Aachen hat mit Urteil vom 02.07.2004 die Klagen abgewiesen. Zwar sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet, weil der Arbeitsvermittler sich durch Durchsetzung seines Vergütungsanspruchs gegen die Arbeitsagentur wenden müsse. Damit handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG. Die Klage sei aber nicht begründet, weil der Klägerin kein Anspruch nach § 421g Abs. 1 Satz 2 SGB III zustehe. Der Arbeitssuchende sei zur Zahlung der Vergütung nach § 296 Abs. 3 SGB III nur verpflichtet, wenn infolge der Vermittlung des Vermittlers der Arbeitsvertrag zustande gekommen sei. Diese Regelung entspreche dem allgemeinen Maklerrecht des § 652 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach der Maklerlohn nur geschuldet werde, wenn der Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Makl...