Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Schriftformerfordernis bei Einlegung eines Rechtsmittels per E-Mail
Orientierungssatz
1. Hat der Kläger bis zum Ablauf der Berufungsfrist weder ein Schriftstück noch ein diesem gleichstehendes Dokument beim Berufungsgericht bzw. beim Sozialgericht vorgelegt, so ist die Berufung nicht innerhalb der Frist formgerecht eingelegt.
2. Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, ist nach § 65a Abs. 3 SGG eine qualifizierte elektronische Signatur vorgeschrieben. Bei deren Fehlen ist das Schriftformerfordernis nicht gewahrt.
3. § 65a SGG verlangt, dass dort, wo die Unterschrift auf einem Papierdokument gefordert ist, auch die elektronische Signatur zwingend ist. Das vorgeschriebene Formerfordernis der qualifizierten elektronischen Signatur darf nicht durch die Möglichkeit einer Heilung ausgehöhlt werden.
4. Bei einer eindeutigen Rechtsmittelbelehrung ist eine Nichtbeachtung zumindest fahrlässig schuldhaft. Dies führt zum Ausschluss einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Berufungsfrist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 07.01.2016 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Am 23.01.2015 stellte der 1984 geborene Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 07.05.2015 fordert der Beklagte den Kläger zur Mitwirkung auf. Ohne vollständige Unterlagen könne nicht festgestellt werden, ob und inwieweit ein Anspruch auf Leistungen bestehe. Es werde noch eine ausführliche schriftliche Begründung des Leistungsantrages, insbesondere auch eine Erklärung, wie der Lebensunterhalt bislang sichergestellt worden sei, benötigt. Der Kläger wurde aufgefordert, die Unterlagen bis zum 24.05.2015 vorzulegen. Anderenfalls könnten die Geldleistungen ganz versagt werden (§§ 60, 66, 67 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)).
Mit Bescheid vom 27.05.2015 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers aufgrund bestehender erheblicher Zweifel an der Bedürftigkeit des Klägers ab.
Am 26.06.2015 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.05.2015 ein. Alle Unterlagen und Nachweise seien mehrfach an das Jobcenter gesendet worden. Dadurch sei er seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen.
Ein gleichlautendes Schreiben hat der Kläger am 30.06.2015 an das Sozialgericht Köln (SG) geschickt, das die Eingabe als Klage ausgelegt hat.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2015 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.01.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es bestünden Zweifel an der Bedürftigkeit des Klägers. Dieser habe trotz mehrfacher Aufforderung zur Aufklärung nicht hinreichend mitgewirkt. Die Vermögens- und Einkommenssituation des Klägers sei anhand der unvollständigen Kontoauszüge nicht überprüfbar. Für den Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit trage der Kläger die Beweislast.
Gegen das ihm am 09.01.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.02.2016 durch Übersendung eines (wohl) handschriftlich unterschriebenen Schreibens als Anlage einer E-Mail Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, ihm stünden Leistungen nach dem SGB II zu.
Der Kläger ist ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 15.09.2016 ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 06.10.2016, zu dem sein persönliches Erscheinen angeordnet war, geladen worden. Am 04.10.2016 hat er um 16.58 Uhr per Mail den Berichterstatter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Gesuch hat der Senat in der Besetzung ohne den Berichterstatter durch Beschluss vom 05.10.2016 zurückgewiesen. Mit der Übermittlung des Beschlusses vorab per Mail am 05.10.2016 ist der Kläger auch darauf hingewiesen worden, dass die Berufung nicht in der in der Rechtsmittelbelehrung aufgezeigten elektronischen Form eingelegt worden sei, in diesem Fall das Rechtsmittel ohne weitere Prüfung in der Sache als unzulässig verworfen werden müsse. Den Empfang der Mail am Tage vor dem Termin hat der Kläger bestätigt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 07.01.2016 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2015 zu verurteilen, ihm ab 01.01.2015 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unzulässig.
Der Kläger hat die Berufung nicht innerhalb der Frist formgerecht eingelegt, denn er hat die gemäß § 151 Abs. 1 SGG erforderliche Schriftform nicht gewahrt. Na...