Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Streitgegenstand. abtrennbare Verfügung. Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter. Regelsatzhöhe. gemeinsame Wohnung mit erwerbsfähigem, über 25 Jahre alten Kind. keine Bedarfsgemeinschaft. keine Haushaltsgemeinschaft. keine verfassungskonforme Auslegung. Indiz für Haushaltsvorstand
Orientierungssatz
1. Eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Leistungshöhe des Regelsatzes ist insoweit zulässig, als es sich bei der Verfügung über die Höhe des Regelsatzes gem § 28 SGB 12 einerseits und um die Kosten für Unterkunft und Heizung gem § 29 SGB 12 andererseits um einen abtrennbaren Verwaltungsakt iS des § 31 SGB 10 des Gesamtbescheides handelt (Anschluss an BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 1).
2. Bezieht bei einer gemeinsam genutzten Wohnung ein volljähriger Hilfebedürftiger Leistungen nach dem SGB 2, der andere Hilfebedürftige Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB 12 sowie eine Altersrente, so kann bezüglich des Leistungsbeziehers nach dem SGB 12 gerade nicht vermutet werden, dass dieser iS des § 36 S 1 SGB 12 vom Leistungsbezieher nach dem SGB 2 Leistungen zum Lebensunterhalt erhält. Vielmehr bildet der Leistungsbezieher nach dem SGB 2 eine eigene Bedarfsgemeinschaft gem § 7 Abs 3 Nr 1 SGB 2.
3. Die Mitgliedschaft in einer Bedarfsgemeinschaft kann nur Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Zuweisung erfolgen.
4. Die Regelungen in § 20 Abs 2 und Abs 3 SGB 2 und § 3 Abs 2 RSV sind auf die gemeinsame Wohnungsnahme einer erwerbsunfähigen Mutter und ihres erwerbsfähigen, über 25 Jahre alten Kindes nicht anwendbar. Eine erweiternde Anwendung dieser Normen im Wege der Auslegung kommt aufgrund der nicht vergleichbaren Personengruppen sowie wegen des Verbotes der einschränkenden Interpretation gem § 31 SGB 1 nicht in Betracht. Dies steht auch einer etwaigen verfassungskonformen Auslegung nach Art 3 Abs 1 GG entgegen.
5. Lautet der Mietvertrag auf den Hilfebedürftigen, sind die Rechnungen des Energieversorgungsunternehmens an diesen gerichtet und wird die Miete von seinem Konto abgebucht, so bestehen an seiner Stellung als Haushaltsvorstand iS des § 28 Abs 1 und Abs 2 SGB 12 iVm § 3 Abs 1 und Abs 2 RSV keine Zweifel.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.08.2006 geändert. Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2005, der Bescheide vom 22.06. und 22.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2007 und des Bescheides vom 22.03.2006 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 Leistungen der Grundsicherung im Alter unter Zugrundelegung eines Regelsatzes von 345,00 Euro zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf der Grundlage eines Regelsatzes von 345,00 Euro statt 276,00 Euro für die Zeit vom 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 zu erhalten.
Die am 00.00.1940 geborene Klägerin bezog bis einschließlich Mai 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung eines Regelsatzes von 345,00 Euro. Ihr 1969 geborener, unverheirateter und kinderloser Sohn B M, der Beigeladene zu 1), mit dem die Klägerin in einem gemeinsamen Haushalt lebt, bezieht durchgängig seit dem 01.01.2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Regelsatzes von 345,00 Euro.
Am 13.05.2005 beantragte die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII aufgrund der Vollendung des 65. Lebensjahres. Mit Bescheid vom 23.05.2005 bewilligte ihr die Beklagte zunächst ab dem 01.06.2005 bis zum 31.05.2006 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII i. H. v. 410,52 Euro monatlich unter Zugrundelegung des 80%-igen Regelsatzes i. H. v. 276,00 Euro.
Ab dem 01.07.2005 bezog die Klägerin von der (seinerzeitigen) Landesversicherungsanstalt Westfalen Altersruhegeld. Im Juli 2005 bezog sie die Rentenleistung i. H. v. 136,43 Euro. Für August 2005 gewährte die LVA Westfalen der Klägerin 139,63 Euro Altersrente, was daran lag, dass die LVA der Klägerin die ihr bereits ab Juli 2005 zustehende Rentenerhöhung (monatlich 1,60 Euro) mit Auszahlung von August auch für Juli 2005 nachgewährte. Ab September 2005 bezog die Klägerin eine monatliche Altersrente i. H. v. 138,03 Euro.
Unter Abzug der von der Klägerin jeweils bezogenen Rente gewährte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 22.06.2005 Grundsicherungsleistungen i. H. v. 274,08 Euro, für August 2005 mit Bescheid vom 22.07.2005 Grundsicherungsleistungen i. H. v. 270,88 Euro, für September 2005 bis März 2006 mit Bescheid vo...