Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB 5. Sachleistungsanspruch. keine Beschränkung auf den Leistungskatalog der GKV. ambulante oder stationäre Liposuktion. Beginn der Fristen des § 13 Abs 3a S 1 SGB 5. Mitwirkung des Versicherten. Vorliegen eines hinreichend bestimmten fiktionsfähigen Antrags
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion tritt nicht lediglich bei Kostenerstattungsansprüchen, sondern auch bei Sachleistungsansprüchen ein (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 33 Rn 25).
2. Die Fiktionswirkung beschränkt sich nicht auf Leistungen, die bereits Gegenstand des Leistungskataloges der GKV sind.
3. Sowohl bei der ambulanten als auch bei der stationären Liposuktion handelt es sich um Behandlungen, die (ausschließlich) von Ärzten erbracht werden und grundsätzlich Leistungen der GKV darstellen können.
4. Es lässt sich für den Beginn der in § 13 Abs 3a S 1 SGB 5 geregelten Fristen nicht darauf abstellen, in welchem Zeitpunkt die von den Versicherten geforderte letzte Mitwirkungshandlung abgeschlossen ist, sofern ein hinreichend bestimmter, fiktionsfähiger Antrag gestellt wurde, der die Krankenkassen in die Lage versetzt, diesen zu bescheiden.
5. Die Genehmigungsfiktion kann nur dann eintreten, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits im Sinne von § 33 Abs 1 SGB 10 hinreichend bestimmt ist (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R aaO). Gleichwohl dürfen an die Bestimmtheit keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Da der fingierte Verwaltungsakt einem in ordnungsgemäßen Verfahren erlassenen - ausdrücklich erteilten - Verwaltungsakt gleichgestellt ist, reicht es aus, wenn sich sein Inhalt aus dem Antrag in Verbindung mit den einschlägigen Akten im Wege der Auslegung ermitteln lässt.
Normenkette
SGB V § 13 Abs. 3a, § 15 Abs. 1, §§ 135, 137c; SGB X §§ 20, 21 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1-3, § 33 Abs. 1, § 39 Abs. 2, § 45; VwVfG § 42a Abs. 1, 2 S. 2; SGG § 54 Abs. 1, § 55
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.09.2015 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 01.10.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2015 verurteilt, der Klägerin eine stationäre Liposuktion als Sachleistung nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Gewährung einer Liposuktion in Anspruch.
Die am 00.00.1983 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Sie leidet unter einem Lipödem der Arme und Beine, das aktuell mit einer Lymphdrainage und dem Tragen einer Kompressionsstrumpfhose behandelt wird.
Am 12.05.2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Liposuktion. Zur Stützung des Antrags überreichte sie ein von dem Arzt für Chirurgie und Plastische Chirurgie Dr. H (D Fachklinik) erstattetes Attest vom 11.02.2014. Danach habe die bisher durchgeführte Lymphdrainage bei der Klägerin nicht zur Schmerzlosigkeit geführt. Als Therapie der Wahl zur Verhinderung von Chronizität gelte eine lymphologische Liposcultptur, die ambulant durchgeführt werden könne. Hierfür entstünden voraussichtlich Kosten von ca. 16.500,00 EUR. Demgegenüber empfahl Dr. X (G-Krankenhaus) in einem Bericht vom 29.04.2014 die stationäre Therapie mittels wasserstrahlassistierter Liposuktion der Oberarme und Oberschenkel.
Die Beklagte forderte telefonisch weitere Unterlagen von der Klägerin an. Nach Eingang am 29.07.2016 (u.a. eine Bescheinigung des Arztes für Orthopädie I vom 12.06.2014 und ein Attest des Internisten Dr. M vom 08.07.2014) beauftragte die Beklagte unter dem 30.07.2016 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser führte in einer nach Aktenlage verfassten Stellungnahme vom 11.08.2014 aus, dass die Liposuktion auch ambulant durchgeführt werden könne. Insoweit scheide jedoch eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) aus, weil keine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) für diese Behandlungsmethode existiere. Als Therapie der Wahl gelte die komplexe Entstauungstherapie. Außerdem sei bei der Klägerin das Lipödem erstmals im Februar 2014 diagnostiziert worden. Daher könne allein aufgrund der zeitlichen Abfolge die konservative Therapie noch nicht ausgeschöpft sein. Ferner sei auf das bei der Klägerin vorhandene Übergewicht hinzuweisen, das einen Risikofaktor darstelle. Die Wirbelsäulenbeschwerden beruhten nicht auf dem Lipödem, sondern auf einer Hyperlordosierung der Lendenwirbelsäule.
Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte die Beklagte den "Antrag auf Kostenübernahme einer beidseitigen Liposuktion an den Oberarmen und Oberschenkeln ...