rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Aachen (Entscheidung vom 30.10.1998; Aktenzeichen S 8 RA 57/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 30.10.1998 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Beginn der Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Hierbei geht es um die Frage, ob die Regelaltersrente auch für Zeiten zu zahlen ist, die länger als vier Jahre vor dem Jahr der Antragstellung liegen.
Die Klägerin ist am ... geboren. Sie hat zuletzt für die Zeit vom 01.01.1977 bis 31.12.1977 12 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Die Klägerin beantragte erstmalig am 15.12.1997 Regelaltersrente. In der Anlage zu diesem Antrag begehrte sie die rückwirkende Nachzahlung dieser Rente ab 01.11.1989 im "Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs". Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 24.03.1998 gewährte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente ab 01.01.1993. In der Anlage 10, S. 2, heißt es: "Der Rentenbeginn 01.01.1993 bestimmt sich unter Beachtung der vierjährigen Leistungsausschlußfrist des § 44 SGB X". Den hiergegen am 14.04.1998 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22.06.1998 zurück. Auf die Gründe wird verwiesen.
Mit der am 21.07.1998 beim SG Aachen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Gewährung der Regelaltersrente bereits ab dem 01.11.1989 weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 30.10.1998 den Bescheid vom 24.03.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.06.1998 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Altersrente ab dem 01.01.1992 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Das Sozialgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß die Beklagte die am 01.01.1992 in Kraft getretene Beratungspflicht gemäß § 115 Abs. 6 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) verletzt habe und sie die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches so zu stellen habe, als hätte diese im Januar 1992 die Rente beantragt. Dann hätte die Rente gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI am 01.01.1992 begonnen. Die Rückwirkung der Rentennachzahlung sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch § 44 Abs. 4 SGB X auf die nicht von der Verjährung erfaßten letzten vier Jahre vor dem Jahr der Geltendmachung beschränkt. Die Verneinung der Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X sei nicht auf Fälle mit Anwendung des bis zum 31.12.1991 geltenden Rechts des AVG beschränkt. Zwar habe sich die Rechtslage insoweit geändert, als an die fristgemäße Rentenantragstellung gravierendere Folgen geknüpft würden, doch habe sich die Interessenlage nicht wesentlich geändert. Deshalb könne der Versicherungsträger sich bei Vorliegen der Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht auf den Ablauf der Frist des § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI berufen. Die Entscheidung der Kammer stehe in Übereinstimmung mit den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22.10.1996 - 13 RJ 17/96 - und - 13 RJ 23/95 -.
Nicht rechtswidrig sei der Bescheid, soweit die Leistung der Rente für die Zeit vor dem 01.01.1992 abgelehnt worden sei. Für diese Zeit liege keine einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auslösende Pflichtverletzung der Beklagten vor, weil die Beklagte keine konkrete Beratungspflichten sondern lediglich die Hinweispflicht aus § 115 Abs. 6 SGB VI, die am 01.01.1992 in Kraft getreten sei, verletzt habe.
Gegen das ihr am 20.11.1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.12.1998 Berufung eingelegt.
Zur Begründung trägt sie vor, sie habe mit dem angefochtenen Bescheid der Verletzung ihrer Hinweispflicht Genüge getan. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe sie bei der rückwirkenden Erstfeststellung der Regelaltersrente der Klägerin den in § 44 Abs. 4 SGB X zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken beachten müssen und die Rente lediglich für vier Kalenderjahre rückwirkend, also ab 01.01.1993 gewähren dürfen. Die Beklagte stützt sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 09.09.1986 - 11a RA 28/85 - und vom 21.01.1987 - 1 RA 27/86 -. Nach diesen Entscheidungen, die nach Auffassung der Beklagten zutreffend sind, verkörpere die Bestimmung des § 44 Abs. 4 SGB X einen allgemeinen Rechtsgedanken des Inhalts, Leistungen nicht über vier Jahre hinaus rückwirkend zu gewähren. Die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X sei nicht nur unmittelbar dann zu beachten, wenn ein rechtswidriger belastender Bescheid eines Sozialleistungsträgers rückwirkend abgeändert werden müsse, vielmehr finde der Rechtsgedanke entsprechende Anwendung auf sonstiges hohheitliches Verwaltungshandeln. Dies gelte insbesondere im Rahmen einer Kompensation nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches infolge unrichtiger oder unvollständiger Ber...