Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss eines Wechsels von einer bereits bezogenen abschlagbehafteten vorzeitigen Altersrente in eine abschlagfreie Altersrente

 

Orientierungssatz

1. Nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente ist gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB 6 der Wechsel in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen. Dies ist u. a. dann der Fall, wenn der Rentenversicherungsträger dem Versicherten eine Altersrente nach Altersteilzeitarbeit bewilligt und der Versicherte diese Rente auch tatsächlich bezogen hat. Ein Wechsel i. S. der Vorschrift liegt immer dann vor, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die begehrte abschlagfreie Altersrente erst nach Bewilligung und während des Bezugs der abschlagbehafteten Altersrente eingetreten sind.

2. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist es nicht zu beanstanden, dass dieser die Vergünstigung des § 236b SGB 6 nur auf diejenigen Versicherten erstreckt, die sich am 1. 7. 2014 noch nicht im Altersrentenbezug befunden haben.

3. Ein verfassungswidriger Eingriff in das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG ist nicht ersichtlich. Der Versicherte, der sich für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente entschieden hat, muss für diesen Zuwachs an individueller Freiheit im Alter die dauerhafte Rentenkürzung für den früheren Renteneintritt in Kauf nehmen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 6.5.2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für die Zeit ab dem 1.7.2014 Bewilligung von (abschlagfreier) Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach Maßgabe der zum 1.7.2014 in Kraft getretenen Vorschrift des § 236 b Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

Der am 00.00.1949 geborene Kläger war vom 1.4.1964 bis zum 31.7.2009 weitgehend versicherungspflichtig beschäftigt; nur der Monat Oktober 1968 wies eine Pflichtbeitragszeit bei Wehrdienst / Zivildienst aus. Der Zeitraum vom 1.4.1964 bis 31.3.1967 erfasste Pflichtbeitragszeiten bei beruflicher Ausbildung; vom 1.8.2007 bis zum 31.7.2009 war der Kläger in - mit Pflichtbeitragszeiten belegter - Altersteilzeitarbeit tätig, welche am 23.12.2003 vereinbart wurde.

Am 7.4.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten Altersrente nach Altersteilzeitarbeit, welche diese ihm mit Bescheid vom 24.6.2009 ab dem 1.8.2009 in Höhe von 1.444,26 Euro brutto monatlich bewilligte: Der Kläger habe 24 Kalendermonate Altersteilzeitarbeit ausgeübt und das 60. Lebensjahr vollendet. Die Regelaltersgrenze werde mit Vollendung des 65. Lebensjahres am 15.7.2014 erreicht. Für jeden Kalendermonat der vorzeitigen Inanspruchnahme von Altersrente vermindere sich der Zugangsfaktor von 1,0 um 0,003. Vorliegend seien 60 Kalendermonate zu berücksichtigen, d.h. der Zugangsfaktor reduziere sich um 60 x 0,003 = 0,180 auf insgesamt 0,820. Der Kläger erhob gegen diesen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid, dessen Zugang nicht bestritten wurde, keinen Widerspruch.

Durch Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenversicherungs-Leistungsverbesserungsgesetz) vom 23.6.2014 (BGBl. I, S. 787, 788) wurde § 236 b SGB VI mit Wirkung zum 1.7.2014 eingeführt, demzufolge Versicherte, die vor dem 1.1.1964 geboren sind, frühestens Anspruch auf Altersrente für besonderes langjährig Versicherte haben, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben.

Bereits am 5.6.2014 hatte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung dieser abschlagfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte beginnend mit dem 1.7.2014 beantragt: Alle vor dem 1.1.1942 geborenen Versicherten könnten gemäß § 237 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 SGB VI seit 1999 abschlagfrei nach 45 Pflichtbeitragsjahren Altersrente ab Vollendung des 60. Lebensjahres erhalten; allen vor dem 1.1.1953 geborenen Versicherten sei dies nunmehr gemäß § 236 b Abs. 2 S. 1 SGB VI ab dem 1.7.2014 - allerdings erst mit Vollendung des 63. Lebensjahres - möglich. Dass er wegen seines bereits erfolgten Renteneintritts nicht in den Genuss dieser Neuregelung komme, sei gleichheitswidrig. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 25.6.2014 ab, da nach bindender Bewilligung einer Altersrente ein Wechsel in eine andere Rente wegen Alters gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI ausgeschlossen sei.

Im Widerspruchsverfahren (Widerspruchseingang am 10.7.2014) erklärte der Kläger, keine "Umwandlung" seiner bisherigen Altersrente in die ab dem 1.7.2014 mögliche Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu begehren. Vielmehr gehe es ihm um die Neufestsetzung einer Altersrente beginnend mit dem 1.7.2014 nach Maßgabe des § 236 b Abs. 2 S. 1 SGB VI unter Berücksichtigung eines ungekürzten Zugangsfaktors von 1,0.

Die B...

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