Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschnittsweise Bewilligung von Krankengeld. Ärztliche Feststellung. Versicherungstatus. Entlasskurzbrief einer Rehaklinik

 

Orientierungssatz

1. Zur Weitergewährung des Anspruchs auf Krankengeld bedarf es neben der Mitgliedschaft des Versicherten in der Krankenversicherung neben dessen Arbeitsunfähigkeit auch deren lückenlosen ärztlichen Feststellung gemäß §§ 44, 46 SGB 5.

2. Enthält der Entlasskurzbrief einer Reha-Klinik, dass der Versicherte am Entlassungstag als arbeitsunfähig entlassen werde, so ist bestehende Arbeitsunfähigkeit nur für diesen einzelnen Tag ärztlich bestätigt, nicht dagegen für einen anschließenden Zeitraum.

3. Erfolgt nicht spätestens am ersten Tag nach der Entlassung aus der Reha-Klinik eine neue Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, so kann ein Krankengeldanspruch nicht fortbestehen, mit der Folge, dass auch die Mitgliedschaft nicht nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB 5 aufrecht erhalten bleibt. Bei späterer erneuter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und zwischenzeitlicher Rentenantragstellung ist der Antragsteller ohne Anspruch auf Krankengeld krankenversichert, § 189 Abs. 1 SGB 5.

4. Der Bezieher ist gehalten, sich rechtzeitig vor Auslaufen der alten Arbeitsunfähigkeit-Feststellung erneut eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit zu verschaffen.

 

Normenkette

SGB V § 44 Abs. 1 S. 1, § 46 S. 1 Nr. 2, § 192 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 189 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 30.11.2016 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger über den 12.05.2015 hinaus Anspruch auf Krankengeld hat.

Der 1960 geborene Kläger arbeitete als Freigänger während einer bis 2011 verbüßten Strafhaft als Schlosser, anschließend war er arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bezog aufgrund einer am 17.10.2014 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit (AU) von der Beklagten Krankengeld. Ab dem 24.02.2015 befand er sich in stationärer Behandlung in der Rehaklinik C1, aus der er am 12.05.2015 aus disziplinarischen Gründen als arbeitsunfähig vorzeitig entlassen wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt zahlte die Beklagte als Trägerin der Rentenversicherung Übergangsgeld.

Am 13.05.2015 stellte der Kläger sich in der Praxis Dres. N/I, T, vor und ließ sich u.a. Tabletten verschreiben. Eine körperliche Untersuchung fand an diesem Tage nicht statt. Der Kläger erhielt einen Termin bei der gewünschten Behandlerin S für den 18.05.2015. An diesem Tag sprach er bei Frau S vor, die ihm AU vom 18.05.2015 bis 20.05.2015 bescheinigte. Vom 20.05.2015 bis 12.06.2015 war der Kläger wieder in stationärer Behandlung. Vom 10.06.2016 "bis - voraussichtlich - 17.06.2015" wurde erneut AU bescheinigt. Unter dem 23.06.2015 wurde AU "bis zum 30.08.2015" bzw. zugleich "bis auf weiteres" attestiert.

Mit Bescheid vom 12.06.2015 entschied die Beklagte, dass der Anspruch auf Krankengeld und die beitragsfreie Versicherung am 12.05.2015 geendet hätten; die Mitgliedschaft mit Bezug von Krankengeld sei unterbrochen, weil der behandelnde Arzt AU bis zum 12.05.2015 festgestellt habe und die nächste AU-Bescheinigung erst am 18.05.2015 ausgestellt worden sei. Der Kläger blieb in der Folge als Rentenantragsteller versichert. Seit dem 01.08.2015 bezieht er Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.

Den Widerspruch des Klägers, der geltend machte, er habe sich am 13.05.2015 Medikamente ausstellen lassen und sei am 18.05.2015 bei seiner ihn behandelnden Ärztin gewesen, die bis dahin Urlaub gehabt habe, wies die Beklagte mit Bescheid vom 28.07.2015 als unbegründet zurück.

Mit seiner am 27.08.2015 zum Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat Kopien der Verordnungen der Praxis Dres. N/I vom 13.05.2015, sowie nochmals die AU-Bescheinigung der behandelnden Ärztin vom 23.06.2015 vorgelegt, in der nachträglich AU vom 13.05. - 30.08.2015 bestätigt worden war. Der Kläger hat geltend gemacht, er sei davon ausgegangen, dass er aufgrund des Entlasskurzbriefes der Rehaklinik weiter "arbeitsunfähig geschrieben" sei und dass er durch den Besuch beim Hausarzt am 13.05.2015 alles Erforderliche getan habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.06.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2015 zu verurteilen, ihm Krankengeld über den 12.05.2015 hinaus bis zum 31.07.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, dass der Reha-Bericht der Rehaklinik C1 vom 08.05.2015, in dem mitgeteilt wurde, dass der Kläger als arbeitsunfähig entlassen würde, nicht als AU-Bescheinigung im Sinne des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gelten könne, weil ein Hinweis darauf fehle, bis wann die AU dauern solle.

Mit Urteil vom 30.11.2016 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 1...

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