Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Honorarverteilungsmaßstab. Budgetierung. Gesamtvergütung. Begrenzung. Punktwertabrechnung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die gesetzliche Budgetierung der Gesamtvergütungen im Rahmen der Honorarverteilung für Vertragszahnärzte und die Begrenzung der abrechnungsfähigen Punkte in einzelnen Leistungsbereichen ist verfassungsgemäß.
Tatbestand
Streitig ist ein Honorareinbehalt für die Quartale III/1994 und IV/1994 auf der Grundlage des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten in der ab 01.01.1994 gültigen Fassung.
Infolge Budgetierung der vertragszahnärztlichen Gesamtvergütung für die Jahre 1993, 1994 und 1995 ergänzte die Vertreterversammlung der Beklagten durch Beschluß vom 08.06.1994 den HVM um eine Anlage 1. In § 3 dieser Anlage (überschrieben mit: Veränderungen der Vergütung bei Veränderung des Fallwertes) heißt es:
(1) Bis zu einem Grenzwert (Punktmenge) werden Leistungen des Teil 1 Bema / GebT A mit den vereinbarten Punktwerten für die überschreitende Punktmenge gekürzt.
(2) Der Grenzwert (Punktmenge) wird wie folgt bestimmt:
1. Grundlage für die Ermittlung des Grenzwertes ist die entsprechende Punktmenge je Fall der Zahnärzte Westfalen-Lippe des entsprechenden Vergleichszeitraumes des Vorjahres. Diese wird durch die Verwaltung ermittelt und durch den Vorstand festgestellt und rechtzeitig in amtlichen Rundschreiben bekanntgegeben.
2. Es ist die durchschnittliche Punktmenge je Fall für diesen Abrechnungszeitraum getrennt nach Zahnärzten, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, Oralchirurgen und Kieferorthopäden sowie getrennt nach Primärkassen einschließlich Bundesknappschaft und Ersatzkassen zu ermitteln.
3. Der Vorstand kann die nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 dieser Anlage ermittelten Grenzwerte um einen Prozentsatz, der sich nach der Höhe der voraussichtlichen Überschreitung der budgetierten Gesamtvergütung richtet, absenken. Dieser Wert ist auf volle Punktzahlen zu runden.
(3) Die Leistungen nach Teil 1 Bema-Z/GebT A werden ohne Individualprophylaxe berücksichtigt.
(4) Die Grenzwerte nach Absatz 2 Nr. 1 und Nr. 2 oder Nr. 3 (Punktmenge) für die Gruppe der Zahnärzte werden bei Fallzahlen je Abrechnungszeitraum (insgesamt für Ersatzkassen und Primärkassen einschließlich Bundesknappschaft)
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1. zwischen |
1 - 140 um 100 % |
141 - 280 um 75 % |
281 - 420 um 50 % |
421 - 560 um 25 % |
erhöht. |
2. zwischen |
701 - 840 um 5 % |
841 - 980 um 7,5 % |
981 - 1120 um 10 % |
1121 - > um 12,5 % |
abgesenkt.
In den Absätzen 5 und 6 ist sodann geregelt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Grenzwerte für Sondergruppen (Kieferorthopäden, Oralchirurgen, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen) abgesenkt bzw. erhöht werden.
Absatz 7 regelt die Einzelheiten der Absenkung folgendermaßen: Die über die jeweiligen Grenzwerte (Punktmenge) hinausgehenden Punkte werden mit einem niedrigeren Punktwert vergütet. Die Absenkung wird abgestuft wie folgt festgelegt.
Bei weiteren Überschreitungen von
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10 |
19,00 % um 20 % |
20 |
29,99 % um 30 % |
30 |
39,99 % um 40 % |
40 - |
49,99 % um 50 % |
50 % |
- > um 60 % |
In § 4 sind weitere Sonderfälle (Gemeinschaftspraxis, Beschäftigung eines angestellten Zahnarztes) geregelt. § 5 legt fest, wie die Honorarkürzungen anzurechnen und § 6 wie einbehaltene oder zurückzuzahlende Beträge zu verwenden sind.
Mit Rundschreiben vom 30.06.1994 wies die Beklagte ihre Mitglieder auf die Ergänzung des HVM hin und erläuterte die beschlossenen Regelungen ausführlich. Gleichzeitig gab sie das Ergebnis der Grenzwertermittlung nach § 3 Abs. 2 Anlage 1 bekannt. Danach wurde für die Gruppe der Zahnärzte als durchschnittliche Punktmenge für das Quartal III/1994 ein Wert von 76 (Ersatzkassen) bzw. 81 (Primärkassen) je Fall festgesetzt. In der Anlage zu diesem Rundschreiben teilte sie die in den Quartalen III/1994 und IV/1994 maßgebenden Grenzwertpunkte für die Gruppe Zahnärzte, Kieferorthopäden, Oralchirurgen und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen mit:
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Fallzahlen (KCH) |
Grenzwert |
Grenzwert |
Grenzwert |
insgesamt |
Zuschlag/ |
(Punkte) |
(Punkte) |
Ersatzkassen (EK) |
Abschlag |
EK |
PK |
und Primärkassen |
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IV/94 |
IV/94 |
einschließlich |
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Bundesknappschaft (PK) |
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Gruppe Zahnärzte |
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1 - 140 |
+ 100 % |
146 Pkt. |
156 Pkt. |
141 - 280 |
+ 75 % |
128 Pkt. |
137 Pkt. |
281 - 420 |
+ 50 % |
110 Pkt. |
117 Pkt. |
421 - 560 |
+ 25 % |
91 Pkt. |
98 Pkt. |
561 - 700 |
+- 0 % |
73 Pkt. |
78 Pkt. |
701 - 840 |
- 5 % |
69 Pkt. |
74 Pkt. |
841 - 980 |
- 7,5 % |
68 Pkt. |
72 Pkt. |
981 - 1120 |
- 10 % |
66 Pkt. |
70 Pkt. |
1121 - > |
- 12,5 % |
64 Pkt. |
68 Pkt. |
Der in Münster als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Kläger rechnete in den Quartalen III/1994 und IV/1994 735 und 869 Behandlungsfälle ab. Die Grenzpunktmengen überschritt der Kläger im Primärkassenbereich einschließlich der Bundesknappschaft um 12,69 % bzw. 22,87 % und im Ersatzkassenbereich um 29,53 % und 5,43 %.
Mit zwei Bescheiden 17.01.1995 verfügte die Beklagte gegenüber dem Kläger für das Quartal vom III/1994 Honorarabzüge für den Bereich der Primärkassen über 507,54 DM sowie für den Bereich der ...