Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammentreffen von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit Leistungen aus der Unfallversicherung. Freibetrag
Orientierungssatz
1. § 266 SGB 6 kann wegen § 300 Abs 4 SGB 6 entgegen der Intention des Gesetzgebers und der diese nicht hinreichend reflektierenden herrschenden Meinung in der Literatur keine Bestandsschutzsicherung für Bestandsrentner im Rahmen des § 93 SGB 6 enthalten, weil die Anwendung von § 93 SGB 6 für Bestandsrentner generell nach §§ 300 Abs 5, 311 SGB 6 ausgeschlossen ist und überdies bei bestandskräftig (§ 77 SGG) zuerkanntem Stammrecht nebst Zahlungsansprüchen wegen § 300 Abs 4 SGB 6 kein zusätzlicher Bestandsschutz erforderlich ist (vgl BSG vom 31.3.1998 - B 4 RA 118/95 R = SozR 3-2600 § 311 Nr 2).
2. Die Bezugnahme auf die Sonderregelung der §§ 311, 312 SGB 6 in § 266 SGB 6 macht deshalb nur Sinn, wenn diese Vorschrift als Ergänzung zu jenen verstanden wird, weil nur dadurch ein kontextuell stimmiger Gesetzessinn entsteht. Dieser besteht darin, dass das in § 93 SGB 6 zum Ausdruck kommende Anliegen, das Ausmaß der Kongruenz der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der gesetzlichen Unfallversicherung andererseits differenzierter zu bestimmen, gleichermaßen den Zugangsrentnern und den Bestandsrentnern gilt, wobei allerdings diesen wegen des in § 311 Abs 5 SGB 6 ohnehin zum Ausdruck kommenden Bestandsschutzes die neuen Schonbeträge nicht immer und nicht unbedingt in vollem Umfang zu Gute kommen.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob und ggf. in welchem Umfange eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden darf.
Die Klägerin ist die Witwe des ... 1923 geborenen und ... 1993 verstorbenen, bei der Beklagten versicherten W A R (im Folgenden: Versicherter), mit dem sie im Zeitpunkt seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Die Beklagte gewährte dem Versicherten ab November 1983 Knappschaftsruhegeld wegen Arbeitslosigkeit (Bescheid vom 23. September 1983), dessen monatliche Zahlbeträge sie bis zum Tode des Versicherten auszahlte.
Nach dem Tode des Versicherten gewährte die Bergbau-Berufsgenossenschaft Bochum (im Folgenden: BG) der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten für die Zeit von Oktober 1991 bis zum Todestag (... 1993) Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H., nachdem sie festgestellt hatte, dass der Versicherte während dieses Zeitraumes an einer Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) im Sinne der Nr. 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) gelitten hatte (Bescheid der BG vom 17. Juli 1995). Von dem zunächst einbehaltenen Nachzahlungsbetrag zahlte sie DM 34.851,92 an die Beklagte aus, nachdem diese einen entsprechenden Erstattungsanspruch wegen überzahlter Altersrente geltend gemacht hatte, den Rest kehrte sie an die Klägerin aus.
Die Beklagte hörte die Klägerin dazu an, dass wegen des Bezugs von Verletztenrente eine Neuberechnung der knappschaftlichen Rente des Versicherten unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 93 6. Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erforderlich sei und dass etwa überzahlte Beträge mit der Nachzahlung des Unfallversicherungsträgers verrechnet würden (Schreiben vom 03. August 1995). Anschließend hob sie (gestützt auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -- SGB X --) den Bescheid vom 23. September 1983 teilweise auf und berechnete die Altersrente des Versicherten für die Zeit von Oktober 1991 bis Oktober 1993 unter Anrechnung der Verletztenrente neu. Dabei errechnete sie eine Überzahlung i.H.v. DM 34.851,92, zu deren Erstattung die Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet sei. Insoweit erfolge eine Verrechnung mit der Nachzahlung der BG. Von der Anrechnung der Unfallrente nach §§ 75 des Reichs-knappschaftsgesetzes (RKG), 311 SGB VI könne nicht abgesehen werden, da § 93 Abs. 5 SGB VI entgegen der Auffassung der Klägerin nur auf Leistungsfälle in der Unfallversicherung nach dem 31. Dezember 1991 anwendbar sei (Bescheid vom 24. August 1995; Widerspruchsbescheid vom 18. März 1996).
Mit ihrer am 11. April 1996 eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die nachträgliche Kürzung der Altersrente gewendet und weiter gemeint, eine Anrechnung sei nach § 93 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI ausgeschlossen. § 311 SGB VI sei nicht anwendbar, da zum 1. Januar 1992 die Verletztenrente noch nicht bewilligt und gezahlt worden sei. Für den Zeitraum vor dem 01. Januar 1992 sei § 75 RKG nicht anwendbar, da der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zum Rentenreformgesetz (RRG) 1992 bereits im März 1989 dokumentiert habe, dass der frühere sozialpolitische Grund für diese Vorschrift entfallen sei. Die damit bis zum 31. Dezember 1991 bestehende Regelungslücke sei durch eine entsprechende Anwendung der §§ 1278 Abs. 3 Nr. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. 55 Abs. 3 Nr. 1 Angestelltenversicherungsgesetz...