rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Dortmund (Entscheidung vom 20.07.1999; Aktenzeichen S 8 KR 275/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen des Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.07.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung ihm entstandener Kosten für das Medikament Sandoglobulin sowie - für die Zukunft - die Verpflichtung der Beklagten, ihm dieses Arzneimittel zur Verfügung zu stellen.
Der am ...1957 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Er leidet an einer primär chronisch-progredienten multiplen Sklerose (MS).
Im Namen des Klägers beantragte Prof. Dr. P ... am 28.08.1997, die Beklagte möge die Kosten für einen Heilversuch mit intravenösen Immunglobulinen übernehmen. Es werde zunächst eine Dosis von 400 mg/kg x 30 g im Abstand von jeweils vier Wochen empfohlen. Für den primär chronisch-progredienten Verlauf der MS gebe es noch keine allgemein anerkannte Therapie. Da sich in auch von ihm beobachteten Fällen die Ataxie unter intravenösen Immunglobulinen gebessert habe und für die schubförmige Verlaufsform bewiesen sei, dass die Progredienz der Erkrankung und die Schubrate gemindert werden könnten, halte er diesen Heilversuch für gerechtfertigt.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Behandlung mit Immunglobuline durch den Bescheid vom 29.05.1998 nach Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit der Begründung ab, dass es sich bei der intravenösen Immunglobulinbehandlung um eine Therapie handele, die in der Schulmedizin noch nicht allgemein anerkannt sei. Nach den gültigen Heil- und Hilfsmittelrichtlinien dürfe diese Behandlung nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden.
Der Kläger legte am 02.06.1998 Widerspruch ein, den die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 31.08.1998 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte sie aus: Der Anspruch auf Krankenbehandlung gem. § 27 Abs. 1 SGB V umfasse u.a. auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (AMR) habe der Versicherte grundsätzlich einen Anspruch auf die Versorgung mit allen nach dem Arzneimittelgesetz verkehrsfähigen Arzneimitteln, soweit sie nicht aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien oder soweit sie nicht nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur eingeschränkt verordnet werden dürften. Für die Verordnung von Arzneimitteln sei der therapeutische Nutzen von besonderer Bedeutung. Deshalb seien Erprobungen zu Lasten des Versicherungsträgers unzulässig, auch wenn sie nach der Zulassung erfolgten. Der therapeutische Nutzen setze eine Risikoabwägung zwischen Kosten und Nutzen mit günstigem Ergebnis voraus; er bestehe in einem nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse relevanten Ausmaß der Wirksamkeit bei einer definierten Indikation. Die Kosten für ein Arzneimittel dürften also nicht übernommen werden, wenn für das jeweilige Anwendungsgebiet der Wirksamkeitsnachweis nicht erbracht werde. Dies gelte auch dann, wenn ein für bestimmte Indikationen zugelassenes Arzneimittel für andere Anwendungsgebiete erprobt werden solle. Bei dem Arzneimittel Sandoglobulin handele es sich zwar um ein zugelassenes Arzneimittel. Jedoch bestehe für die Behandlung von MS keine Indikation. Insoweit fehle es an dem Nachweis der Wirksamkeit. Eine Kostenübernahme könne daher nicht erfolgen.
Der Kläger hat am 07.09.1998 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Behandlung der MS mit Immunglobulinen habe sich in der medizinischen Praxis inzwischen durchgesetzt. Es werde in medizinischen Fachkreisen ernsthaft über diese Therapie diskutiert. Es sei deshalb unerheblich, dass der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen sich bislang nicht mit dieser Behandlungsmethode befasst habe und keine Empfehlung in den von ihm aufgrund von § 135 Abs. 1 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V) erlassenen Richtlinien ausgesprochen habe. Auch sei ohne Bedeutung, dass das Medikament "Sandoglobulin" für die Behandlung der Multiplen Sklerose keine arzneimittelrechtliche Zulassung besitze.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.05.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.1998 zu verurteilen, ihm die Kosten der Behandlung mit dem Medikament Sandoglobulin zu erstatten und künftig entstehende Kosten zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erwidert: Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen untergesetzliche Rechtsnormen. Nur dann, wenn eine neue Behandlungsmethode von den auf § 135 Abs. 1 SGB V gestützten Richtlinien empfohlen werde, dürften die gesetzlich...