Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersrente für Frauen. Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze. Gesetzesauslegung
Orientierungssatz
Die vom Gesetzgeber beabsichtigte, praktisch einfache Handhabung lässt ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze in jedem Falle zu; ob es sich dabei um einmalig gezahltes Entgelt (z. B. in Form von Weihnachts- oder Urlaubsgeld) oder um normales Stundenentgelt bei zweimalig besonders hoher Stundenzahl handelt, soll aus Praktikabilitätsgründen gar nicht festgestellt werden müssen.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob von der Klägerin Rente wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze zurückzuzahlen ist.
Die ... 1937 geborene Klägerin bezieht seit dem 01.09.1997 Altersrente für Frauen (Bescheid vom 02.09.1997).
Seit April 1999 arbeitet sie bei der Firma I GmbH L I Gebäudereinigung. Die Beschäftigung erfolgt in geringfügigem Umfang. Im Mai und Juni 1999 erzielte sie jedoch einen Hinzuverdienst oberhalb der Hinzuverdienstgrenze von 1.019,20 DM brutto für 63 Arbeitsstunden im Mai bzw. 1.121,12 DM brutto für 73,5 Stunden im Juni. Sie erhält weder Weihnachts- noch Urlaubsgeld.
Die Beklagte erfuhr von der Beschäftigung aufgrund einer Meldung der Krankenkasse. Nach Anforderung der Lohnabrechnungen hörte sie die Klägerin zu einer Überzahlung von Rente für die Monate Mai und Juni 1999 i.H.v. insgesamt 889,62 DM an. Die Klägerin teilte mit, nach eigenen Ausführungen der Beklagten sei ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze innerhalb eines Rentenjahres um einen Betrag bis zur Höhe des Doppelten der monatlichen Bezugsgröße (1.260,-- DM) unschädlich. Sie habe also keinerlei schädliche Einkünfte erzielt.
Mit Bescheid vom 20.09.1999 hob die Beklagte den Bescheid vom 02.09.1997 für die Zeit vom 01.05. bis 30.06.1999 auf, weil der Klägerin für diesen Zeitraum nur eine Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente zugestanden habe. Der überzahlte Betrag i.H.v. 889,62 DM sei zurückzuzahlen. Die Klägerin habe im Mai und Juni 1999 die monatliche Hinzuverdienstgrenze von 630,-- DM ohne Sonderzuwendungen überschritten, weshalb ihr keine Vollrente, sondern nur eine Zweidrittelrente zugestanden habe. Ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze sei nur zulässig, wenn es sich um zusätzliche Zahlungen zum regelmäßigen Verdienst -- z. B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld -- handele; die Lohnunterlagen zeigten, dass dies bei der Klägerin nicht der Fall gewesen sei.
Die Klägerin legte Widerspruch ein mit der Begründung, die Einschränkung der Beklagten, beim Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze dürfe es sich nur um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt handeln, lasse sich dem Gesetzeswortlaut (§ 34 Abs. 2 SGB VI) nicht entnehmen. Es sei auch kein Grund ersichtlich, Arbeitnehmer, die lediglich eine kurzfristige Beschäftigung aufnähmen und in dieser Zeit die Hinzuverdienstgrenze zweimalig überschritten, schlechter zu stellen als solche, die in einem ständigen Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld stünden. Dies würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.02.2000 Klage bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben, mit der sie ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren weiterverfolgte.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 20.09.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2000 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, eine vergleichbare und im Rahmen des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI für Renten wegen Alters anwendbare Regelung treffe § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Aufgrund mehrerer Beschlüsse von Fachausschüssen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) liege ein zulässiges Überschreiten i.S.d. § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nur dann vor, wenn dies auf einmalig gezahltem Arbeitsentgelt beruhe, also z. B. bei Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, nicht jedoch bei Überstundenvergütung oder saisonal bedingtem Mehrverdienst. Für diese Lesart spreche die im Entwurf zu § 43 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB VI enthaltene Gesetzesbegründung, die klarstelle, daß nach dem Willen des Gesetzgebers von der in dieser Vorschrift vorgesehenen Regelung eines zulässigen zweimaligen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze bis zum Doppelten des maßgebenden Grenzwertes nur Einmalzahlungen erfasst werden sollten. Denn "wie nach geltendem Recht ist höheres als geringfügiges Arbeitsentgelt, das als Einmalzahlung des Arbeitgebers wie z.B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld erbracht wird, bei der Feststellung des Rentenanspruchs nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Insoweit bleibt ein in der Höhe begrenztes zweimaliges Überschreiten eines Siebtels der monatlichen Bezugsgröße je Kalenderjahr außer Betracht. Zusätzliche Verdienste für Mehrarbeit hingegen sind im Hinblick auf den Beweiswert der tatsächlich ausgeübten ...