Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls

 

Orientierungssatz

1. Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gilt für den erforderlichen ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung.

2. Sind geltend gemachte Gesundheitsschäden ausschließlich degenerativer Natur, so ist deren Anerkennung als Folge eines Arbeitsunfalls ausgeschlossen.

3. Sind wesentliche unfallbedingte Folgen einer geltend gemachten psychischen Schädigung mit funktionellen Einschränkungen nicht festzustellen, so ist insoweit die Gewährung von Unfallentschädigung ausgeschlossen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.02.2021; Aktenzeichen B 2 U 214/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.03.2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zahlung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 05.07.2011.

Der 1957 geborene Kläger erlitt am 05.07.2011 im Rahmen seiner Tätigkeit als Hilfsschlosser einen Arbeitsunfall, als sich eine etwa 2,5 Tonnen schwere Metallplatte von einem Haken löste, umkippte und hierbei seinen Unterschenkel und rechten Fuß streifte. Er suchte noch am gleichen Tag den Durchgangsarzt Dr. T auf, der in seinem Bericht vom 06.07.2011 eine Prellung des rechten Unterschenkels, eine ausgedehntes Hämatom des rechten Unterschenkels und den Verdacht auf ein Kompartmentsyndrom des rechten Unterschenkels diagnostizierte. Die Weiterbehandlung erfolgte im Klinikum T1, wo ein Quetschtrauma des rechten Unterschenkels diagnostiziert wurde. Hinweise für ein Kompartmentsyndrom ergaben sich nicht. Nach dreitägiger stationärer Beobachtung wurde der Kläger am 07.07.2011 entlassen und nahm am 11.07.2011 die Arbeit wieder auf.

Wegen zunehmender Schmerzen, Schwellung und Rötung des rechten Unterschenkels suchte er den Durchgangsarzt Dr. T2 auf, der eine ausgedehnte Unterschenkelquetschung rechts mit großflächigen Nekrosen, Weichteilinfekt und drohendem Kompartmentsyndrom diagnostizierte und den Kläger zur stationären Behandlung in die unfallchirurgische Abteilung des Klinikum T1 einwies, wo er vom 12. bis 25.07.2011 behandelt wurde. Dort wurden ausgedehnte Nekrosen am rechten Unterschenkel ventral nach einem Abschertrauma mit ausgedehnter Phlegmone am rechten Unterschenkel diagnostiziert und durch Vakuumversiegelung zur temporären Weichteildeckung, ausgedehntes Wunddebridement mit Entfernung von erkranktem Gewebe am rechten Unterschenkel sowie Vakuumverbandswechsel behandelt. Vom 25.07. bis 06.09.2011 erfolgte die Weiterbehandlung auf Wunsch des Klägers in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik E, wo am 22.08.2011 eine Spalthauttransplantation durchgeführt wurde. Wegen geklagter Kniebeschwerden wurde dort am 09.08.2011 ein MRT des rechten Kniegelenks durchgeführt. Hierbei zeigte sich Flüssigkeit in den Weichteilen um das Kniegelenk sowie am körperfernen Oberschenkel, ein degenerativer Meniskusschaden mit komplexer Hinterhorninnenmeniskusrissbildung, eine drittgradige Knorpelschädigung an der Rückfläche der Kniescheibe und eine Knorpelschädigung Grad II am inneren Gelenkraum des rechten Kniegelenks.

Im Rahmen einer psychologisch-psychotherapeutischen Mitbehandlung diagnostizierte der Diplom-Psychologe T3 ebenso wie die behandelnde psychologische Psychotherapeutin H in ihren Befundberichten im September und Oktober 2011 eine Anpassungsstörung, vorherrschend Angst und Depression, mit der Gefahr der Entwicklung einer Panikstörung. In einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 18.11.2011 bewertete Dr. C den psychologischen Befundbericht als plausibel. Das Gesamtbild sei verstehbar, es seien gute Voraussetzungen für eine effektive Behandlung gegeben. Der Kläger sei aufgrund seiner Vorgeschichte aber auch vermehrt vulnerabel. Dem erlittenen Unfall müsse speziell im Hinblick auf die Langwierigkeit der resultierenden Beschwerden und der langen Behandlungsbedürftigkeit eine wesentliche Mitursache angelastet werden.

Am 28.11.2011 wurde das Heilverfahren beendet.

Die Beklagte zog Befund- und Behandlungsberichte der behandelnden Ärzte bei und holte ein unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten von Dr. L vom 22.03.2012 sowie ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von PD Dr. L1 vom 28.03.2012 ein. Dr. L diagnostizierte eine schwere Quetschung des rechten Unterschenkels mit Weichteildecollement, Weichteilverlust und Defektdeckung mit Spalthaut. Der Unfall vom 05.07.2011 sei für die Weichteilschädigung des rechten Unterschenkels ursächlich. Unfallunabhängig bestünden Schäden im rechten Kniegelenk und eine Arthrose des rechten Kahnbein-Sprungbein-Gelenkes (Talonavikulargelenk). Arbeitsunfähigkeit habe vom 05.07. bis 30.11.2011 bestanden. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Unfallfolgen betrage 20 vH für die Zeit vom 01.12.2011 bis 13.03.2012 und ab dem 14.03.2012 10 vH.

PD Dr. L1 diag...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge