Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung übertragener Rentenanwartschaften. Höchstbetragsregelung

 

Orientierungssatz

Die für die Kürzung von übertragenen Rentenanwartschaften bzw. Entgeltpunkten herangezogene Regelung des § 76 Abs 2 S 3 Halbs 2 SGB 6 kann in Verbindung mit § 300 Abs 1 SGB 6 keine Wirkung hinsichtlich der vor dem 1.1.1992 durch familiengerichtliches Urteil rechtskräftig über den Höchstbetrag hinaus übertragenen Rentenanwartschaften entfalten.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.04.2001; Aktenzeichen B 4 RA 4/00 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte bei der Berechnung der Regelaltersrente der Klägerin, die dieser im Wege des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht rechtskräftig über einen Höchstbetrag hinaus übertragenen Rentenanwartschaften zu berücksichtigen hat.

Die Ehe der 1931 geborenen Klägerin mit dem Beigeladenen zu 3) wurde durch am 09.10.1984 rechtskräftig gewordenes Urteil des Familiengerichts Recklinghausen vom 31.08.1984 -- 45 F 56/84 -- geschieden. Für die Ehezeit vom 01.05.1955 bis 29.02.1984 wurden damit zu Lasten des Beigeladenen zu 3) bei der Bundesknappschaft und der Ärzteversorgung Westfalen-Lippe in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Klägerin Rentenanwartschaften in gesamter Höhe von 3.736,22 DM übertragen. Dabei hatte u.a. die Beklagte dem Amtsgericht auf dessen Ersuchen mit Schreiben vom 20.06.1984 sowohl die Höhe der auf die Ehezeit entfallenden Rentenanwartschaften mitgeteilt als auch darauf hingewiesen, daß bei einer Ehedauer von 346 Monaten sich nach § 83a Abs. 1 Satz 4 AVG ein Höchstbetrag von 1.833,90 DM ergebe. Das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen wurde der Beklagten am 07.09.1984 zugestellt.

Nachdem die Klägerin im Jahre 1986 im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens ihre anzuerkennenden Versicherungszeiten hatte klären lassen, stellte sie im Mai 1996 Antrag auf Gewährung von Regelaltersrente. Daraufhin unterrichtete die Beklagte die Klägerin und die Beigeladenen darüber, daß die durch das Familiengericht vorgenommene Begründung von Rentenanwartschaften nur bis zu dem in der gesetzlichen Rentenversicherung zulässigen Höchstbetrag, der bei 1.834,38 DM liege, wirksam sei. Der den Höchstbetrag überschreitende Teil bleibe dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Mit Bescheid vom 23.08.1996 bewilligte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente in Höhe von 2.845,35 DM beginnend am 01.10.1996. Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch wandte sich die Klägerin gegen die Kürzung des Versorgungsausgleichs. Sie meinte, das rechtskräftige Urteil des Familiengerichts sei zu beachten und die Regelaltersrente entsprechend der Höhe des übertragenen Versorgungsausgleichs zu berechnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, daß das Amtsgericht Recklinghausen mehr Rentenanwartschaften auf dem Konto der Klägerin begründet habe, als dies gesetzlich zulässig sei. Die Entscheidung könne nur bis zu dem in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehenen Höchstbetrag wirksam sein. Die gerichtliche Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften über den Höchstbetrag hinaus sei unwirksam. Der nichtausgleichsfähige Betrag in Höhe von 1.906,13 DM könne nur im schuldrechtlichem Versorgungsausgleich ausgeglichen werden.

Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 15.12.1998 unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 23.08.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.01.1997 verurteilt, bei der Neufeststellung der Altersrente die durch den Versorgungsausgleich begründeten bzw. übertragenen Rentenanwartschaften in dem vom Amtsgericht Recklinghausen festgestellten Umfang zu berücksichtigen. Es hat sich zur Begründung im wesentlichen auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.11.1990 (Az.: 4 RA 19/90) gestützt und im übrigen gemeint, § 76 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz SGB VI gelte nicht für Entscheidungen, die vor dem 01.01.1992 rechtskräftig geworden seien. In diesen Fällen bleibe es bei der Überschreitung des Höchstbetrages.

Mit ihrer Berufung hat die Beklagte ihre bisher vertretene Auffassung bekräftigt und darüberhinaus vorgetragen, bei Entscheidungen, die vor dem 01.01.1992 rechtskräftig geworden seien, seien die übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften nach Maßgabe der §§ 83a Abs. 1, 83b Abs. 2 Satz 1 AVG in Werteinheiten umzurechnen. Inwieweit sodann die umgewandelten Entgeltpunkte aus den übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen seien, richte sich nach § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI. Dort sei im 2. Halbsatz festgelegt, daß eine Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften nur bis zu dem entsprechenden Höchstbetrag wirksam sei. Damit durchbreche § 76 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz SGB VI die materielle Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung und bewirke, daß jede Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften über den entsprechenden Höchstbetrag hinaus unwirksam sei.

Die Beklag...

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