Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Gemeinschaftspraxis. Auftrag zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. kein Anspruch auf Mitnahme bei Ausscheiden aus der Praxis
Orientierungssatz
Ein Vertragsarzt, der aus der bisherigen Gemeinschaftspraxis (jetzt Berufsausübungsgemeinschaft) ausscheidet, hat keinen Anspruch auf Mitnahme des erteilten Auftrags zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Dieser Versorgungsauftrag ist örtlich an den Vertragsarztsitz zum Zeitpunkt der Erteilung des Versorgungsauftrags und im Übrigen auch an die dort von der Gemeinschaftspraxis betriebene Dialysepraxis gebunden.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) bis 3) wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.03.2014 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 3).
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Auftrag zur Versorgung niereninsuffizienter Patienten verbleibt, wenn er aus der bisherigen Berufsausübungsgemeinschaft (früher Gemeinschaftspraxis) ausscheidet.
Der Kläger ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie. Er wurde mit Wirkung zum 01.04.1997 zur vertragsärztlichen Versorgung in E zugelassen. Gleichzeitig gründete er eine Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen zu 2), der ebenso wie er zunächst mit Wirkung zum 01.04.1997 und sodann mit Wirkung zum 01.10.1997 die Genehmigung zur Durchführung der ambulanten Dialysebehandlung erhielt (Bescheide der Beklagten vom 10.03.1997 und vom 26.06.1998).
Anlässlich der Neuordnung der ambulanten Dialysebehandlung zum 01.07.2002 forderte die Beklagte u.a. den Kläger auf, einen Antrag auf Übernahme eines Versorgungsauftags nach der Übergangsregelung des § 8 Abs. 1 Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) zu stellen. Gemeinschaftspraxen wurden gebeten, nur einen Antragsbogen ausgefüllt zurückzusenden. Diesen Vorgaben entsprechend stellten der Kläger, der Beigeladene zu 2) und die zwischenzeitlich in die Gemeinschaftspraxis eingetretene Beigeladenen zu 1) gemeinsam den Antrag auf Genehmigung der Übernahme des Versorgungsauftrags. Die Beklagte erteilte mit jeweils einzeln an den Kläger und die Beigeladenen zu 1) und 2) gerichteten Bescheiden vom 20.12.2002 die entsprechende Genehmigung; unter dem 04.07.2003 wies sie "In Ergänzung zu unserem Genehmigungsbescheid vom 20.12.2002" darauf hin, "dass sich die Genehmigung nach der Übergangsregelung nur auf die personelle Zusammensetzung der Gemeinschaftspraxis bezieht, die zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung bestand. Scheidet also ein Arzt aus der Gemeinschaftspraxis aus, so kann der Versorgungsauftrag grundsätzlich nicht ‚mitgenommen’ werden.".
Im März 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er sich mit den zu 1) bis 3) beigeladenen Mitgliedern der Berufsausübungsgemeinschaft zerstritten habe. Eine gütliche Einigung sei nicht möglich. Deshalb plane er, das Gesellschaftsverhältnis zu kündigen, aus der Praxis auszuscheiden und erneut in einer nephrologischen Praxis in gemeinschaftlicher Berufsausübung mit anderen Dialyseärzten vertragsärztlich tätig zu werden. Die zum 01.07.2005 eingefügte Regelung des § 4 Abs. 1b) Anlage 9.1 BMV-Ä sehe zwar für den Fall des Ausscheidens vor, dass der Versorgungsauftrag bei der Praxis verbleibe, gelte aber nicht für ihn, weil er schon seit dem 01.04.1997 an der Dialyseversorgung teilnehme. Die erteilte Zusicherung zur Ausführung des Versorgungsauftrags habe statusbegründenden Charakter und könne nicht nachträglich geändert werden, weil dies berufsrechtlich Grundrechtsrelevanz habe und daher zumindest als nachträglicher Eingriff einer gesetzlichen Regelung bedürfe. Er bitte um Prüfung der Rechtslage und Entscheidung.
Die Beklagte lehnte eine Mitnahme des Versorgungsauftrags für die nephrologische Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten bei Ausscheiden des Klägers aus der Gemeinschaftspraxis mit den Beigeladenen zu 1) bis 3) ab (Bescheid vom 19.01.2012). Die nephrologischen Versorgungsaufträge zur Dialysebehandlung seien nach den Vorgaben des BMV-Ä betriebsstättenbezogen. § 4 Abs. 1b) Anlage 9.1 BMV-Ä sehe vor, dass bei Ausscheiden eines Arztes aus der gemeinschaftlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit Dialyse der Versorgungsauftrag in der Dialysepraxis verbleibe und nachbesetzt werden könne; er könne nicht mitgenommen werden.
Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger die Zusage, dass er bei Ausscheiden aus der bisherigen Gemeinschaftspraxis seinen Versorgungsauftrag für die nephrologische Versorgung mitnehmen könne. Bereits mit Bescheid vom 26.06.1998 habe er persönlich die Genehmigung erhalten, ambulante Dialysebehandlungen durchführen zu dürfen. Die Genehmigung sei nicht an einen bestimmten Ort und nicht an die Ausübung in Gemeinschaftspraxis gebunden; eine Rechtsgrundlage für einen Widerruf der Geneh...