Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Überprüfung eines Beschlusses des Zulassungsausschusses über eine vertragsärztliche Sonderzulassung
Orientierungssatz
1. Bei ihrer Entscheidung über eine versorgungsärztliche Sonderbedarfszulassung haben die Zulassungsgremien einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Das hat zur Folge, dass das Sozialgericht einen angefochtenen Beschluss zwar aufheben kann, dies aber grundsätzlich mit einer Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verbinden muss.
2. Der Beschluss des Zulassungsgremiums über eine beantragte Sonderbedarfszulassung leidet an einem Begründungsdefizit mit der Folge seiner Aufhebung, wenn er nicht die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthält, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben.
3. Eine unvollständige Sachverhaltsaufklärung stellt einen Verfahrensfehler dar, der grundsätzlich zur Aufhebung des streitbefangenen Beschlusses und der Verpflichtung der Behörde führt, die Angelegenheit neu zu entscheiden.
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 7) wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.09.2008 abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Beschlusses vom 21.11.2007 verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 7) gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.07.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung der Beigeladenen zu 7) zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 7) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger eine Sonderbedarfszulassung zu erteilen ist.
Der 1974 geborene Kläger ist seit 2006 Arzt für Innere Medizin und führt seit Mai 2007 die Schwerpunktbezeichnung "Gastroenterologie". Seit dem 01.07.2007 ist er als Facharzt für Innere Medizin mit Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung in Berufsausübungsgemeinschaft mit seinem Vater, Dr. X M, für den Vertragsarztsitz am O 00 in X1 zugelassen (Beschlüsse des Zulassungsausschusses für Ärzte - Düsseldorf - Kammer II vom 20.06.2007). Einen Antrag auf Teilnahme an der fachärztlichen internistischen Versorgung in X1 lehnten die Zulassungsgremien unter Hinweis darauf ab, dass kein Bedarf bestehe. Die hiergegen gerichtete Klage (S 19 KA 8/07 Sozialgericht (SG) Duisburg) endete durch Erledigungserklärung am 16.08.2007. Dem lag zu Grunde, dass der Zulassungsausschuss (Beschluss vom 25.07.2007) den Kläger mit Wirkung ab dem 26.07.2007 im Rahmen des Sonderbedarfs zur Erbringung ausschließlich gastroenterologischer Leistungen für den Vertragsarztsitz K-M-Str. 8 in X1 zugelassen hat. Der Zulassungsausschuss führte u.a. aus: Die Voraussetzungen des § 24 Satz 1 Ziff. b) Bedarfsplanungsrichtlinie-Ärzte (BedarfsplanungsRL-Ä) lägen vor. Es bestehe ein nachweislicher lokaler Sonderbedarf, da zur Zeit drei Krankenhausärzte ermächtigt seien. Der Umfang dieser Ermächtigungen entspreche insgesamt dem einer wirtschaftlich tragfähigen gastroenterologischen Praxis. Die ermächtigten Ärzte rechneten jedoch die Ziffer 13421 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) nicht ab. Im Übrigen sei dem Zulassungsausschuss in X1 kein niedergelassener Arzt bekannt, der kurative Koloskopien durchführe.
Die Beigeladene zu 7) machte mit ihrem Widerspruch geltend: Der Planungsbereich Wesel sei nach wie vor für fachärztlich tätige Internisten gesperrt. Der Versorgungsgrad liege bei ca. 174 %. Es bestehe kein besonderer Versorgungsbedarf nach § 24 BedarfsplanungsRL-Ä, denn im Planungsbereich der Kreisstelle X1 seien Dr. Q (N) und die Berufsausübungsgemeinschaft Dr. F-T-L (E) als fachärztlich tätige Internisten mit der Schwerpunktbezeichnung "Gastroenterologie" niedergelassen. Die Entfernung von E nach X1 (ca. 15 Kilometer) sei für Patienten zumutbar.
Dem ist der Kläger entgegengetreten. Die betreffende Entfernung betrage eher 20 Kilometer, was einer Fahrzeit von 1 Std. und 25 Min. mit öffentlichen Verkehrsmitteln und immerhin noch mehr als 30 Min. im Individualverkehr entspreche. Folglich könnten Patienten aus X1 nicht in E endoskopisch versorgt werden. Für die in E gelegene Gemeinschaftspraxis sei er keine Konkurrenz. Die drei Ermächtigungen für in X1 tätige Krankenhausärzte belegten den geltend gemachten Sonderbedarf.
Mit Beschluss vom 21.11.2007 hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 25.07.2007 auf. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 7) sei begründet. Ein gesonderter Planungsbereich "X1/Stadt" existiere nicht. Der Beklagte hat seine Entscheidung wie folgt begründet (Bescheid Seite 11, 12):
"Die Voraussetzungen des § 24a) und b) der Bedarfsplanungs-Richtlinie, die gem. § 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB V einen Sonderbedarf nur zulassen dürfen, wenn er zur Wahrung der Qualität der ärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich ist, also nur in ganz besonderen Ausnahmefällen, liegen betreffend die Sonderbedarfszulassung des Herrn Dr. M...