Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung. Beitragserstattung. Wartezeiterfüllung. Berücksichtigung französischer Beitragszeiten
Orientierungssatz
1. Nicht nur bei der Frage, ob die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, sondern auch bei der Frage, ob die Wartezeit nach § 51 Abs 1 SGB 6 erfüllt ist, ist allein auf die in einem Versicherungspflichtverhältnis zurückgelegten Zeiten und nicht auf die vom französischen Rentenversicherungsträger bescheinigten Trimester abzustellen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum die Rechtsprechung des BSG (vgl Urteile vom 23.4.1990 - 5 RJ 58/89 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 4 und vom 25.2.1992 - 4 RA 28/91 = SozR 3-6050 Art 46 Nr 5) nicht auch für die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit gelten sollte.
2. Die Definition der "Versicherungszeiten" iS der EGV 883/2004 (früher EWGV 1408/71) für die Erfüllung der Wartezeiten ist dieselbe wie die für die Erfüllung spezieller versicherungsrechtlicher Voraussetzungen. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass die tatsächlich zurückgelegten französischen Versicherungszeiten lediglich hinsichtlich der Belegung mit Pflichtbeiträgen in einem bestimmten Zeitraum zu berücksichtigen sein sollten, nicht aber bei der Feststellung von Wartezeiten im Allgemeinen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es auch im Rahmen der Feststellung, welche "Versicherungszeiten" der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit dienen können, nicht auf die vom französischen Rentenversicherungsträger bescheinigten Trimester, sondern auf die tatsächlich zurückgelegten Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ankommt (vgl LSG Saarbrücken vom 9.2.2007 - L 7 RJ 108/03 zur Wartezeit nach § 51 Abs 3 SGB 6).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgericht Duisburg vom 21.01.2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch auf Beitragserstattung und insbesondere die Frage, in welchem Umfang in Frankreich zurückgelegte Versicherungszeiten der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit dienen.
Die 1969 geborene Klägerin absolvierte ein Lehramtsstudium und war in der Zeit vom 01.10.1994 bis zum 31.05.1995 im Rahmen eines Auslandssemesters in Frankreich. In diesem Zeitraum übte sie eine Unterrichtstätigkeit als Fremdsprachenassistentin an einem H aus, für die sie Versicherungsbeiträge zur staatlichen Rentenversicherung in Frankreich entrichtete.
In der Zeit vom 01.02.1998 bis zum 31.01.2000 war die Klägerin als Referendarin tätig. Im Februar 2002 wurde für diese Zeit die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen durchgeführt. In dem Zeitraum vom 01.02.2000 bis zum 12.02.2002 legte die Klägerin weitere 24 Monate Pflichtbeitragszeiten zurück, so dass insgesamt 48 inländische Beitragsmonate in der Deutschen Rentenversicherung gespeichert sind. Anschließend war die Klägerin als Studienrätin zur Anstellung tätig und wurde mit Wirkung zum 13.02.2004 unter Verleihung der Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit zur Studienrätin ernannt.
Im September 2004 beantragte die Klägerin die Erstattung der eingezahlten Beiträge. Den förmlichen Antrag reichte sie am 22.11.2004 ausgefüllt bei der Beklagten ein. Aufgrund ihrer Angabe, in der Zeit vom 01.10.1994 bis zum 31.05.1995 in Frankreich versicherungspflichtig tätig gewesen zu sein, ermittelte die Beklagte unter Verwendung des Formblattes E 205 F die im Rahmen der staatlichen Rentenversicherung in Frankreich zu berücksichtigenden Versicherungstrimester. Der französische Rentenversicherungsträger teilte mit Schreiben vom 30.03.2005 mit, dass für das Jahr 1994 zwei Trimester und für das Jahr 1995 drei Trimester an Versicherungszeiten vorliegen würden. Eine kalendermäßig bestimmte Zeit wurde in dieser Bescheinigung für beide Jahre nicht angegeben.
Mit Bescheid vom 15.04.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Beitragserstattung mit der Begründung ab, dass Beiträge nur erstattet würden, wenn u.a. kein Recht zur freiwilligen Versicherung bestehe. Die Klägerin habe aber das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, da sie die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren mit Beitrags- und Ersatzzeiten unter Berücksichtigung der in einem anderen EU-Mitgliedsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten erfüllt habe.
Dem Bescheid war ein Versicherungsverlauf beigefügt, der außer den in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten 48 Beitragsmonaten für die Zeit vom 01.07.1994 bis zum 30.09.1995 15 Monate mit Pflichtbeitragszeiten in Frankreich auswies.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, aufgrund ihrer Auslandstätigkeit in Frankreich habe sie insgesamt 8 und nicht 15 Pflichtbeiträge gezahlt. Die Summe ...