Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten bei der Rentenberechnung. Höhe des Rechts auf Altersrente für langjährig Versicherte. Rentenanpassungsmitteilung. Entgeltpunkte. Arbeitsverdienst. Beitragsbemessungsgrenze. Sozialversicherungsausweis. Beweis. Glaubhaftmachung. Objektive Beweislast
Orientierungssatz
1. Für die Ermittlung der Beitragszeiten im Beitrittsgebiet und damit für die Ermittlung der Entgeltpunkte ist der vom Versicherten in der ehemaligen DDR erzielte Arbeitsverdienst nach einer Hochwertung auf das Niveau des Arbeitsverdienstes im Gebiet der alten Bundesländer nach der Anlage 10 des SGB 6 maßgeblich.
2. Zur Ermittlung der Entgeltpunkte ist grundsätzlich auf die in der DDR versichert gewesenen Verdienste abzustellen. Nachgewiesene beitragspflichtige Arbeitsverdienste oberhalb der in der DDR geltenden Beitragsbemessungsgrenze sind nur dann berücksichtigungsfähig, wenn Beiträge hierauf aus den in § 256a Abs. 3 S. 1 SGB 6 genannten Gründen nicht gezahlt werden konnten. Voraussetzung für die Berücksichtigung der Arbeitsverdienste oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist, dass der Versicherte seinen Arbeitsverdienst bis zu dieser Grenze tatsächlich versichert hat.
3. Der Versicherte muss nicht nur einen über die Beitragsbemessungsgrenze hinaus gehenden Verdienst nachweisen, sondern auch, dass es sich dabei um beitragspflichtige Arbeitsverdienste gehandelt hat.
4. Ist ein höherer Verdienst weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, so ist nur das im Sozialversicherungsausweis eingetragene Entgelt als versichertes Arbeitsentgelt bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen. Insoweit trägt der Versicherte die objektive Beweislast.
Normenkette
SGB VI § 77 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 236 Abs. 1, §§ 256a, 286c S. 1; SGB X § 23 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17.11.2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist höhere Altersrente für langjährig Versicherte.
Der am 00.00.1943 in I (ehemalige Deutsche Demokratische Republik (DDR)) geborene Kläger ist gelernter Kfz-Schlosser. Er lebte bis zur Wiedervereinigung in der ehemaligen DDR und arbeitete dort (mit kleineren Unterbrechungen und mit Ausnahme der Ableistung des Wehrdienstes in der Zeit vom 3.5.1965 bis 28.10.1966) vom 10.7.1961 bis 25.1.1991 als Helfer, Kfz-Schlosser und Kraftfahrer bei verschiedenen Betrieben. Über diese Beschäftigungen wurden ihm am 18.8.1961, 14.2.1968 und am 27.6.1989 Sozialversicherungsausweise (Versicherungs-Ausweis; Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung) ausgestellt. Darin ist außerdem vermerkt, dass der Kläger vom 22. - 31.7.1971 arbeitsunfähig krank war. Nach der Wiedervereinigung war der Kläger bis zum 31.12.2007 als Fahrer versicherungspflichtig beschäftigt.
In einem Kontenklärungsverfahren, das im Zeitraum von Oktober 1996 bis Februar oder März 1997 durch die (frühere) LVA Westfalen durchgeführt wurde, legte der Kläger vier Verdienstbescheinigungen über seine Verdienste in der Zeit vom 1.4.1964 bis 15.2.1976 vor. In einem weiteren Kontoklärungsverfahren wurden Zeiten und versicherte Entgelte bis zum 31.12.1999 verbindlich festgestellt (Bescheid vom 14.7.2006).
Die Beklagte bewilligte dem Kläger ab dem 1.1.2008 Altersrente für langjährig Versicherte mit einem monatlichen Rentenwert von 1.084,05 Euro; der monatliche Zahlbetrag betrug 987,03 Euro. Die Beklagte berücksichtigte bei der Berechnung einen zusätzlichen Arbeitsverdienst für folgende Zeiträume: 1.4.1964 bis 31.12.1964, 1.11.1966 bis 31.12.1966 und 3.4.1967 bis 31.12.1970. Für die Zeiträume vom 1.2.1982 bis 28.11.1984, vom 1.1.1985 bis 14.12.1985, vom 1.1.1986 bis 8.12.1986, vom 5.1.1987 bis 24.12.1987, vom 1.1.1988 bis 21.12.1988, vom 1.1.1989 bis 10.12.1989 und vom 1.1.1990 bis 25.1.1991 berücksichtigte sie (auch) die zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlten Beiträge. Bei der Feststellung der persönlichen Entgeltpunkte legte sie wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme einen Zugangsfaktor von 0,964 zugrunde (Bescheid vom 7.11.2007).
Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die "Liquidation der Alterssicherungsansprüche" der Versicherten aus der ehemaligen DDR. Dadurch, dass die Anwartschaften auf Rente aus der Sozialpflichtversicherung (SV) nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze und die Ansprüche aus der FZR gar nicht berücksichtigt würden, entstehe eine nicht hinzunehmende Benachteiligung. Die Ansprüche auf Vollversorgung aus einem Gesamtversorgungssystem würden missachtet, so dass es zu Versorgungslücken komme. Durch die über die gesetzliche Rentenversicherung hinausgehende zusätzliche Altersvorsorge habe er in die Lage versetzt werden sollen, seinen Lebensstandard auch im Alter zu erhalten. Der Bewilligungsbescheid und die diesem zugrunde liegenden Vorschriften widersprächen dem im Einigungsvertrag (EV) und im Grundgesetz (GG) zugesicherten Vertrauensschutz fü...