Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Feststellungsklage. Zulässigkeit. Statthaftigkeit. Bestehen eines Rechtsverhältnisses. Sozialhilfe. Anspruch auf Hilfe bei Krankheit im zukünftigen Krankheitsfall. Feststellungsinteresse. Subsidiarität der Feststellungsklage. Begründetheit. Nachrang der Sozialhilfe. Möglichkeit zur Selbsthilfe. Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages nach § 193 Abs 3 VVG 2008. Zumutbarkeit. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die Feststellung eines zukünftigen Rechtsverhältnisses und damit eine vorbeugende Feststellungsklage nach § 55 SGG ist nur zulässig, wenn ein überschaubarer, d h sich voraussichtlich realisierender Sachverhalt geschildert wird.
2. Ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung im Sinne des § 55 SGG besteht nicht, wenn andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, effektiven Rechtsschutz zu erlangen.
3. Einem Anspruch auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB 12 steht wegen des Nachrangs der Sozialhilfe der mögliche Abschluss eines Versicherungsvertrages nach § 193 Abs 3 VVG 2008 entgegen.
4. Versicherungspflicht nach § 193 Abs 3 VVG 2008 und Kontrahierungszwang im Basistarif nach § 193 Abs 5 VVG 2008 verstoßen nicht gegen das GG.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 20.01.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch in diesem Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, sie im Falle von Hilfe bei Krankheit auf den Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen zu verweisen.
Die 1934 geborene Klägerin war langjährig als selbständige Rechtsanwältin tätig und seit 1959 bis Mitte der Neunzigerjahre bei der C Krankenversicherung a. G. privat krankenversichert. Sie beantragte gemeinsam mit ihrem 1945 geborenen Ehemann erstmals im April 2014 Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bei der Beklagten. Die Klägerin bezog eine Altersrente in Höhe von 547,15 EUR, ihr Ehemann eine Altersrente in Höhe von 362,49 EUR und eine Unfallrente in Höhe von 205,04 EUR monatlich. Die Klägerin gab an, zuvor gemeinsam mit ihrem Ehegatten Miteigentümer einer Wohneinheit in C gewesen zu sein, die im September 2013 nach Zwangsversteigerung, infolge derer sie ihre Anwaltskanzlei aufgeben musste, zwangsgeräumt worden sei. Sie beabsichtige, gegen Beteiligte der Zwangsversteigerung Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Anträge auf Prozesskostenhilfe für Klageverfahren mit diesem Ziel seien von dem Landgericht Bonn und dem Landgericht München abgelehnt worden. Gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht Bonn habe sie Verfassungsbeschwerde erhoben. Darüber hinaus bestehe noch ein Anspruch gegen eine Bank wegen Darlehensüberzahlung in Höhe von 9.914,39 EUR.
Mit Bescheid vom 14.06.2014 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.06.2014 Leistungen nach dem SGB XII in Form eines Aufwendungsersatzes nach § 19 Abs. 5 SGB XII. Die Klägerin und ihr Ehemann könnten ihren Lebensunterhalt aus eigenem Vermögen selbst decken, dazu gehöre der von der Klägerin selbst auf 7.663,82 EUR bezifferte Schadensersatzanspruch und der Anspruch gegen die Bank in Höhe von 9.914,39 EUR. Die Klägerin wurde in diesem Bescheid aufgefordert, umgehend eine private Krankenversicherung im Basistarif für sich abzuschließen. Beiträge für die Vergangenheit, auch nicht von der privaten Krankenversicherung rückwirkend geforderten Beiträge, könnten nicht als Leistung der Sozialhilfe übernommen werden. Die Tilgung einer derartigen Schuldverpflichtung könne von der Klägerin als Leistungsempfängerin nicht erzwungen werden. Aktuell geforderte Beiträge würden hingegen bei der Leistungsberechnung berücksichtigt.
Im Juli 2014 wurde der Überzahlungsanspruch in Höhe von 9.914,39 EUR aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch die Bank an Gläubiger der Klägerin ausgezahlt.
Die Klägerin legte Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.06.2014 ein und reichte eine Bescheinigung der C Krankenversicherung bei der Beklagten ein, nach der der monatliche Beitrag der Klägerin für eine Krankenversicherung im Basistarif sich auf 627,75 EUR zuzüglich 83,02 EUR für die Pflegepflichtversicherung belaufe. Bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII würden die Beiträge halbiert (Bl. 170 VA I).
Mit Bescheid vom 28.07.2014 gewährte die Beklagte weiterhin Leistungen nach dem SGB XII für den Monat Juli 2014 als Darlehen gemäß § 91 SGB XII. Die Klägerin und ihr Ehemann traten die in den zivilrechtlichen Verfahren geltend gemachten Ansprüche an die Beklagte ab.
Durch ein Schreiben vom 21.08.2014 wies die Beklagte die Klägerin erneut auf die Notwendigkeit des Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages im Basistarif hin. Die Beklagte sei ansonsten im Falle einer Krankenhausbe...