Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeld. Pflegekind. übertragene Personensorge. Adoption
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Erziehungsgeld gemäß § 1 Abs 1 Nr 2 BErzGG setzt ua voraus, daß dem Anspruchssteller für ein nach dem 31.12.1985 geborenes Kind, mit dem er in einem Haushalt lebt und daß er betreut und erzieht, die Personensorge zusteht. Der Begriff der Personensorge ist im Sinne des Familienrechts zu verstehen. Dem Sorgerecht steht weder die tatsächlich dauerhaft ausgeübte Sorge noch die dem Pflegeberechtigten nach § 38 SGB 8 übertragene Ausübung der Personensorge gleich (vgl BSG vom 9.9.1992 - 14b/4 REg 25/91, BSG vom 28.2.1996 - 14 REg 3/95).
2. Eine Familienpflegschaft erfüllt nicht schon dann die in § 1 Abs 3 Nr 1 BErzGG genannte Voraussetzung, wenn die Pflegeeltern das Ziel der Adoption haben. Das Gesetz spricht nämlich nicht von "Pflegeeltern, die das Ziel der Adoption verfolgen", sondern von "Annehmenden". Zu Annehmenden werden Pflegeeltern aber erst mit der Einleitung des Adoptionsverfahrens.
3. Zu den Voraussetzungen, unter denen von der Aufnahme eines Kindes mit dem Ziel der Annahme iS des § 1 Abs 3 Nr 1 BErzGG gesprochen werden kann.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Erziehungsgeld für ihr 1994 geborenes Pflegekind A.
Die Klägerin und ihr Ehemann bewarben sich im Februar 1993 bei dem Kreisjugendamt W um die Aufnahme eines Kindes mit dem Ziel der Adoption und durchliefen das sich anschließende Vorbereitungsverfahren erfolgreich. Mit Zustimmung der leiblichen, sorgeberechtigten Mutter vom 26.10.1994 erhielten sie am 15.11.1994 die Inkognito-Dauerpflegschaft für A. Später zog A Mutter ihr Einverständnis zurück. Ihr wurde durch Beschluß des Amtsgerichts W vom 14.12.1995 gemäß § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) das Sorgerecht entzogen und für A trat die gesetzliche Amtsvormundschaft beim Stadtjugendamt G ein. Ein Adoptionsantrag bezüglich A wurde von der Klägerin nicht gestellt.
Im Dezember 1994 beantragte die Klägerin bei der Erziehungsgeldkasse des Versorgungsamtes M Erziehungsgeld für die Betreuung von A. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 16.01.1995 mit der Begründung abgelehnt, daß die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erziehungsgeld nicht vorlägen. A lebe zwar im Haushalt seiner Pflegeeltern, jedoch stehe diesen nicht das Personensorgerecht für das Kind zu. Auch ein Adoptionsverfahren sei zwischenzeitlich nicht eingeleitet worden. Das Vertretungsrecht allein reiche für den Erziehungsgeldanspruch nicht aus. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.09.1995).
Das Sozialgericht Münster hat mit Urteil vom 15.08.1997 das beklagte Land dem Antrag der Klägerin entsprechend verurteilt, der Klägerin für das Pflegekind A Erziehungsgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften ab 15.11.1994 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß sich der Anspruch der Klägerin aus dem Gleichstellungstatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) ergebe. Die Klägerin habe bereits mit der Bewerbung um die Annahme eines Kindes im Jahre 1993 den Willen zur Annahme ihres Pflegekindes A nach außen dokumentiert und damit die für den Erziehungsgeldanspruch erforderliche und ausreichende Adoptionsvermittlung eingeleitet.
Dagegen richtet sich die Berufung des beklagten Landes. Es ist der Ansicht, daß eine Adoptionspflege nicht nachgewiesen sei; der vor der Geburt des Kindes allgemein geäußerte Wille zu einer Adoption reiche für einen Erziehungsgeldanspruch nicht aus. Außerdem schließe sich der gemeinsame Bezug von Pflege- und Erziehungsgeld aus.
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.08.1997 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, daß sie in den ersten Lebensjahren A feste Bezugsperson im Sinne des BErzGG gewesen sei. Pflegegeld nehme sie nur in Anspruch, weil ihr kein Erziehungsgeld gewährt werde.
Der Senat hat den Diplom-Sozialarbeiter K S, Amt für Kinder, Jugendliche und Familie des Kreises W, am 11.12.1998 uneidlich als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des beklagten Landes ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erziehungsgeld für ihr Pflegekind A, denn ihr steht weder das Personensorgerecht für A zu, noch ist A mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut der Klägerin genommen worden (Adoptionspflege).
Der Anspruch auf Erziehungsgeld setzt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 BErzGG u.a. voraus, daß dem Anspruchsteller für ein nach dem 31. Dezember 19...