Entscheidungsstichwort (Thema)
Alternative Behandlungsmethode. Kostenerstattung. Chronic-Fatigue-Syndrom. Müdigkeitssyndrom
Orientierungssatz
Es besteht kein Anspruch auf Erstattung der privatärztlichen Behandlungskosten eines Chronic-Fatigue-Syndroms (Müdigkeitssyndrom).
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der Kosten von privatärztlichen Behandlungen in den Jahren 1992 bis 1994 verlangen kann.
Die Klägerin ist bis zum 30.11.1996 bei der Beklagten freiwillig versichert gewesen. Sie leidet nach einem Arztbrief des praktischen Arztes Dr. H und des Arztes für Innere Medizin Prof. Dr. I vom 07.04.1994 unter einem Chronic-Fatigue-Syndrom - CFS -- (Müdigkeitssyndrom). Am 03.06.1993 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für verschiedene privatärztliche Behandlungen einschließlich der von diesen Ärzten verordneten Medikamente.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.06.1993 mit der Begründung ab, es sei ihr nicht möglich, für eine privat gewählte Behandlung bei einem Nichtvertragsarzt oder bei Inanspruchnahme eines Vertragsarztes ohne Behandlungsschein die Kosten zu vergüten. Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch trug die Klägerin vor: Für die bei ihr vorliegende Erkrankung CFS gebe es keine schulmedizinische Behandlung. Es gebe wenig Ärzte, die sich überhaupt mit dieser Erkrankung befaßten. Daher sei es für sie erforderlich, privatärztliche Behandlungen in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte schaltete daraufhin den medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) ein. Der Gutachter Dr. M führte in seiner Stellungnahme vom 18.05.1994 aus, bei der Diagnose CFS handele es sich um eine Diagnose, die den Ausschluß anderer Erkrankungen, auch neurologischer und psychiatrischer Art, nötig mache. Es werde daher eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung empfohlen. In einem von der Klägerin eingereichten Bericht der medizinischen Klinik der Universität B vom 19.05.1994 berichtete Dr. E: Es bestehe keine depressive Symptomatik. Es sei aber eine erhebliche psychische Belastung erkennbar. Die Beschwerden der Klägerin erfüllten die Diagnosekriterien eines chronischen Müdigkeitssyndroms. Eine gesicherte Therapie für diese Erkrankung existiere bis heute nicht. Die Ursache des Müdigkeitssyndroms sei bis heute nicht geklärt. Es handele sich am ehesten um einen Sammelbegriff für noch durch weitere Forschungstätigkeit zu differenzierende verschiedene Grunderkrankungen. Für die Klägerin komme aktuell grundsätzlich lediglich die Teilnahme an einer kontrollierten klinischen Studie in Betracht. Eine solche Studie sei derzeit in Deutschland nicht zugänglich. Dieselbe Ansicht vertrat Privat-Dozent Dr. R, Neurologische Klinik der Universität B im Arztbrief vom 30.06.1994. Die Widerspruchstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.1995 als unbegründet zurück, weil es sich bei der Erkrankung CFS nicht um ein so schwerwiegendes Krankheitsbild handele, das außergewöhnliche therapeutische Maßnahmen begründe, deren Wirksamkeit wissenschaftlich nicht belegt sei.
Die Klägerin hat am 09.11.1995 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben und vorgetragen: In den Jahren 1992 und 93 habe sie für die Therapie ihrer Krankheit ca. 11.000,-- DM und im Jahre 1994 ca. 8.000,-- DM privat bezahlt.Bei ihrer Erkrankung handele es sich um ein schwerwiegendes Krankheitsbild, welches außergewöhnliche therapeutische Maßnahmen erfordere. Therapeutische Behandlungsmaßnahmen der Schulmedizin, die auf Krankenschein verordnet werden könnten, existierten bislang nicht. Gerade weil die Ursache für CFS noch nicht gefunden sei und es keine allgemein gültigen Behandlungsmethoden gebe, seien die gesetzlichen Krankenkassen ihren versicherten CFS-Patienten gegenüber verpflichtet, die nach heutigem Stand der Wissenschaft verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin hat ein Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30.08.1995 -- L 4 Kr 11/95 - eingereicht, welches sich von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 21.11.1991 -- 3 RK 8/90 -- löst und es für die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenkassen als ausreichend ansieht, daß die angewendete Methode zur Behandlung der jeweiligen Krankheit plausibel sei.
Die Beklagte hat insbesondere auf die Auskunft der Universitätsklinik B hingewiesen, nach der eine gesicherte Therapie des chronischen Müdigkeitssyndroms nicht existiere.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.04.1996 u.a. mit der Begründung abgelehnt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die privatärztlichen Behandlungen entstandenen Kosten. Ein Wirksamkeitsnachweis für die durchgeführte Therapie sei nicht vorhanden. Dies ergebe sich insbesondere aus der Auskunft der Universitätsklinik B, wonach zur Zeit kontrollierte klinische Studien zur Behandlung der CFS nicht vorhanden seien. Dem von de...