Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. Kriegsopferversorgung. Zuständige Behörde. Versorgungsamt. Kommune. Bezirksregierung. Funktionsnachfolge. Beteiligtenwechsel. Einrichtung von Behörden. Prozessvertretung. Besonders Beauftragter. Organleihe. Rechtsträger

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Änderung der Zuständigkeiten im Bereich des Schwerbehindertenrechts durch das Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 steht mit dem Grundgesetz, Bundesgesetzen sowie der Landesverfassung in Einklang.

 

Normenkette

GG Art. 28 Abs. 2, Art. 83, 84 Abs. 1 Sätze 1, 7, Art. 125b Abs. 2; SGB IX § 69 Abs. 1 Sätze 1, 7, Abs. 4, § 145 Abs. 1; KOV-ErrG; Vfg-KOV; SGG § 70 Nr. 1, § 71 Abs. 3, 5, § 73 Abs. 2; Landesverfassung NRW Art. 78 Abs. 2-3

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.08.2006 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, welcher Grad der Behinderung (GdB) bei dem Kläger vorliegt und ob dieser die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Gehbehinderung) nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) erfüllt.

Bei dem 1962 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt B mit Bescheid vom 20.07.2000 einen GdB von 40 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen

1. Seelische Beeinträchtigung (Einzel-GdB 30)

2. Funktionseinschränkung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20)

3. Funktionsstörung der rechten oberen Gliedmaße (Einzel-GdB 10)

4. Funktionsstörung der Verdauungsorgane (Einzel-GdB 10) fest.

Im Mai 2003 beantragte der Kläger die Feststellung eines höheren GdB sowie des Nach-teilsausgleichs "G". Das Versorgungsamt B holte einen Befundbericht des Praktischen Arztes Dr. O vom 12.05.2003 mit Fremdarztbericht des Arztes für Nervenheilkunde Dr. I vom 12.03.2002 sowie einen Bericht des Nervenarztes Dr. C vom 09.05.2003 ein. Nach Auswertung der Befunde stellte das Versorgungsamt bei dem Kläger mit Bescheid vom 13.06.2003 einen GdB von 50 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen

1. Seelische Beeinträchtigung (Einzel-GdB 40)

2. Funktionseinschränkung der Wirbelsäule (Einzel-GdB 20)

3. Funktionsstörung der Verdauungsorgane (Einzel-GdB 10)

4. Weichteilrheumatismus (Einzel-GdB 20)

5. Hautleiden (Einzel-GdB 10) fest.

Die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" lägen nicht vor. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch des Klägers vom 26.06.2003 wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2003 zurück.

Der Kläger hat am 29.09.2003 beim Sozialgericht Aachen (SG) Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen erhoben und beantragt, bei ihm einen GdB von mindestens 80 sowie den Nachteilsausgleich "G" anzuerkennen. Nach nur einer Gehstrecke von ungefähr 150 m träten bei ihm in beiden Beinen ausgeprägte Schwäche- und Trägheitsgefühle auf, so dass ein Weitergehen nur mit äußerster Anstrengung möglich sei. Nach maximal 10 Minuten sei er aufgrund "bleischwerer" Beine nicht mehr in der Lage weiterzugehen. Hinzu kämen - bei Berührung mit neurotoxischen Stoffen (z.B. Duftstoffen) - zusätzlich Gangunsicherheiten, Benommenheitsgefühle, Übelkeit sowie eine starke körperliche Erschöpfung.

Das SG hat die medizinischen Unterlagen der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz u.a. mit Gutachten der Sozialmedizinerin S vom 28.04.2003 und des Neurologen und Psychiaters Prof. Dr. G vom 03.05.2004 beigezogen. Anschließend hat es ein internistisches Gutachten des Dr. N vom 03.03.2005 eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, dass bei dem Kläger maßgeblich ein seelisches Leiden (Einzel-GdB 40) und ein Darmleiden (Einzel-GdB 20) vorlägen. Der Gesamt-GdB sei mit 40 festzustellen, da die Reizdarmsymptomatik in den GdB für die psychische Störung mit einfließe. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" lägen nicht vor.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG anschließend ein nervenärztliches Gutachten des Dr. C vom 17.04.2006 eingeholt. Dieser hat angenommen, dass bei dem Kläger ein Hirnschaden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung (Einzel-GdB 50), eine Hemiparese rechts (Einzel-GdB 30), eine mittelgradige Wesensänderung (Einzel-GdB 50) und vielfältige Überempfindlichkeiten (Einzel-GdB 30) bestünden. Der Gesamt-GdB betrage zumindest 80. Wegen der Hemiparese sei die Gehstrecke des Klägers auf 1 km begrenzt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07.08.2006 abgewiesen. Es hat sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. N bezogen. Dieser habe die bei dem Kläger bestehenden Beeinträchtigungen zutreffend erfasst und bewertet. Die Ausführungen des Dr. C könnten hingegen nicht überzeugen. Eine Bewertung psychischer Störungen mit einem GdB von 50 komme nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (Anhaltspunkte) nur bei einer s...

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