Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der beruflichen Eingliederung Behinderter. besondere Leistungen. Teilnahmekosten. Reisekosten. Übernahme der erforderlichen Fahrkosten. Pendelfahrten. Höchstbetragsgrenze

 

Orientierungssatz

Die Übernahme der Fahrkosten für tägliche Pendelfahrten mit dem Kraftfahrzeug zur Stätte der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme gemäß § 110 Abs 1 Nr 3 SGB 3 ist nicht durch einen unter Rückgriff auf die §§ 83 Abs 3, 111 Nr 2 SGB 3 anzuwendenden Höchstbetrag begrenzt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.03.2003; Aktenzeichen B 7 AL 8/02 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger tatsächlich angefallene Fahrkosten in Höhe von kalendertäglich 39,52 DM ohne Höchstbetragsbegrenzung zu erstatten hat.

Der Kläger stellte am 15.05.1998 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation, die ihm antragsgemäß zur Durchführung im Berufsförderungswerk Dortmund, ... bewilligt wurde. In der Zeit ab 7.12.1998 fuhr der Kläger täglich von seiner Wohnung ... in M zum Berufsförderungswerk nach Dortmund, wobei er nach seinen eigenen Angaben 52 km pro Fahrt zurücklegte.

Die entstandenen Fahrkosten stellte er der Beklagten mit Kostenübernahmeantrag vom 10.11.1998 in Rechnung.

Mit Bescheid vom 14.12.1998 bewilligte die Beklagte Fahrkosten in Höhe von kalendertäglich 39,52 DM, höchstens jedoch 549,08 DM monatlich. Mit seinem am 28.12.1998 gegen die Höhe der bewilligten Fahrtkosten eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, für die von der Beklagten vorgesehene Höchstbetragsbegrenzung finde sich keine gesetzliche Grundlage. Ihm seien die tatsächlich entstandenen Fahrkosten zu erstatten.

Mit Bescheid vom 30.03.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Gründen führte sie u. a. aus: Bei der Vorschrift des § 110 des dritten Sozialgesetzbuches (SGB III) handele es sich um eine Ermessensvorschrift, auf die kein grundsätzlicher Rechtsanspruch bestehe. Insbesondere könne die Beklagte aus diesem Begriff heraus die Höhe der zu erstattenden Fahrkosten festlegen. Dies sei in Anwendung des § 6 Abs. 1 des Bundesreisekostengesetzes pro Kilometer ein Betrag von 0,38 DM, der jedoch bei den Fahrkosten für Pendelfahrten nur bis zur Höhe des Betrages der Kosten für Unterbringung und Verpflegung nach § 111 SGB III zuzüglich der Kosten für Familienheimfahrten übernommen werden könne.

Dagegen hat der Kläger am 30.04.1999 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhoben.

Vor dem SG hat der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14.12.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.03.1999 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm anlässlich seiner beruflichen Eingliederungsmaßnahme Fahrkosten in Höhe von 39,52 DM je Maßnahmetag zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 08.08.2000 hat das SG die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14.12.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.03.1999 verurteilt, dem Kläger anlässlich der Teilnahme an seiner beruflichen Bildungsmaßnahme ab 07.12.1998 Fahrtkosten in Höhe von 39,52 DM je Teilnahmetag zu bewilligen und der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers auferlegt. In den Gründen hat es u. a. ausgeführt, dem Kläger seien Fahrkosten in Höhe von 39,52 DM je Teilnahmetag zu erstatten. Für eine Begrenzung der Fahrkosten auf monatlich 549,08 DM gebe es keine gesetzliche Grundlage.

Gegen das ihr am 20.09.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.10.2000 Berufung eingelegt, mit der sie geltend macht: Zur konkreten Höhe der Kostenerstattung bei Pendelfahrten befinde sich im Abschnitt "Förderung der beruflichen Eingliederung Behinderter" im SGB III keine spezielle Regelung. Nach § 99 SGB III müsse daher auf die Vorschriften der vorhergehenden Abschnitte zurückgegriffen werden. Insoweit seien die Vorschriften über die berufliche Weiterbildung auf die besondere Reha-Leistung übertragbar. Hier biete sich § 83 SGB III an. Diese Vorschrift befasse sich mit der Höhe der Fahrkosten bei Teilnahme an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen. Die Höhenbegrenzung in § 83 Abs. 2 SGB III sei auf den Reha-Bereich zu übertragen. Folglich könnten die Kosten für Pendelfahrten nur bis zur Höhe des Betrages übernommen werden, der bei auswärtiger Unterbringung und Verpflegung zu leisten wäre. Diese gesetzessystematische Auslegung stimme mit der Einschränkung des § 110 Abs. 1 SGB III überein, wonach im Rahmen der besonderen Reha-Leistungen auch nur die erforderlichen Fahrkosten übernommen werden könnten. Es entspreche dem allgemeinen Grundsatz im Reisekostenrecht, dass der Erstattungsberechtigte alles zu tun habe, um die Kosten so gering wie möglich zu halten. Den Teilnehmern an beruflichen Reha-Maßnahmen sei deshalb wie Teilnehmern an allgemeinen Weiterbildungsmaßnahmen zuzumuten, die internatsmäßige Unterbringung in Anspruch zu nehmen bzw. andernfalls eine Begrenzung der Fahrtkostenerstattung für Pendelfah...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge