Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung im Alter. abweichende Festlegung des Regelsatzes. unabweisbarer Bedarf. Mehrkosten für Schuhe wegen orthopädischer Behinderung. keine Verweisung auf Mehrbedarf gem § 30 SGB 12. Eckregelsatz. Abteilung 3
Orientierungssatz
1. Wird im Rahmen der Grundsicherung im Alter gem §§ 41ff SGB 12 wegen Behinderungen im Bewegungsapparat ein monatlicher Mehrbetrag für Schuhe geltend gemacht, so kann der Hilfebedürftige nicht darauf verwiesen werden, dass dieser zusätzliche Bedarf an Schuhen durch den (hier bereits gewährten) Mehrbedarf gem § 30 Abs 1 SGB 12 abgedeckt ist.
2. Die Mehrkosten für - aufgrund der orthopädischen Behinderung notwendigen - Schuhe sind als unabweisbarer Bedarf über § 28 Abs 1 S 2 iVm § 42 S 1 Nr 1 SGB 12 zu gewähren.
3. Hinsichtlich der Höhe des im Eckregelsatz vorgesehenen Betrags von 6,09 Euro monatlich für Schuhe bestehen keine Bedenken.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.09.2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines vom Regelsatz abweichenden Bedarfs im Rahmen der Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Die 1925 geborene Klägerin hat einen Grad der Behinderung von 70 und das Merkzeichen G (Nachteilsausgleich "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -). Dem liegen folgende Behinderungen zugrunde:
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1. |
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Spitzfußstellung links mit praktischer Versteifung des linken oberen Sprunggelenks und Teilversteifung im unteren Sprunggelenk mit Verkürzung des linken Beins um 3 cm, |
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2. |
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Teilversteifung des linken Hüftgelenks nach medialem Schenkelhalsbruch mit subjektiven Beschwerden, |
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3. |
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Teilversteifung der linken Schulter aufgrund einer Periarthrose humerus scapularis, |
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4. |
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ausgedehnte Krampfadern an beiden Unterschenkeln mit sekundären Veränderungen der Haut, |
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5. |
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Arthrose beider Kniegelenke. |
Aufgrund dieser Behinderungen benötigt die Klägerin Konfektionsschuhe in H-Größe mit einer orthopädischen Aufarbeitung. Von der Krankenkasse werden nur die Kosten für die Schuhzurichtung nach ärztlicher Verordnung übernommen. Während des Bezugs von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bezog die Klägerin aufgrund einer ärztlichen Bescheinigung zum Kauf der dafür in zwei Jahren benötigten 4 Paar Schuhe eine zusätzliche Bekleidungshilfe in Höhe von halbjährlich 70,00 DM bzw. monatlich 11,67 DM.
Seit 01.01.2003 bezog die Klägerin Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG) und aufgrund einer individuellen Regelung Leistungen wegen eines Mehrbedarfs in Höhe von jährlich 86,41 €.
Am 16.11.2004 beantragte die Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII, die ihr die Beklagte mit Bescheid vom 06.01.2005 in Höhe von 638,50 € (345,00 € Regelsatz, 58,65 € Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung und 424,25 € für Unterkunft und Heizung, abzüglich 189,70 € Einkommen aus Altersrente) erstmals bewilligte.
Am 07.04.2005 beantragte die Klägerin zusätzlich die Übernahme der Kosten von Konfektionsschuhen in H-Größe, die einer orthopädischen Aufarbeitung zugänglich sind und reichte dazu einen Kostenvoranschlag des Schuh- und Sporthauses M.. R, W-A, vom 07.04.2005 in Höhe von 74,90 € ein. Mit Bescheid vom 25.04.2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Kosten der benötigten Schuhe seien durch den Regelsatz gedeckt, der auch den notwendigen Bedarf für Bekleidung und Schuhe sicherstelle. Auch eine einmalige Leistungserbringung nach § 31 SGB XII komme wegen der benötigten Schuhe nicht in Betracht.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, die benötigten Schuhe hätten einen erheblich höheren Anschaffungspreis als herkömmliche Schuhe. Ihr erhöhter Schuhbedarf müsse nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII sichergestellt werden, weil er im Eckregelsatz von lediglich 6,09 € nicht enthalten sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zwar benötige die Klägerin aufgrund ihrer Behinderungen unstreitig Konfektionsschuhe, die orthopädisch aufgearbeitet werden müssten. Es werde anerkannt, dass diese in der Regel teurer als herkömmliche Schuhe seien. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII seien auch insofern erfüllt, als der Bedarf als unabweisbar angesehen werde. Entsprechend der Einbeziehung des Bedarfs an Bekleidung und Schuhen in die Regelsätze und der Anhebung der Regelsätze im Vergleich zum BSHG zum 01.01.2005 sei nach dem Willen des Gesetzgebers aber ein überdurchschnittlicher Bedarf in einzelnen Bereichen durch einen geringeren Bedarf in ander...