Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Essen vom 12.12.2019 - L 5 P 2/19, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 43a S. 1; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 43a S. 2; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 13 Abs. 3 S. 3; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 13 Abs. 4; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 13 Abs. 4a; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 14; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 43 Abs. 2; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 45a; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 71 Abs. 4; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 102; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 140 Abs. 1; SGB XI Fassung: 2015-12-21 § 2 S. 3 Nr. 2 Buchst. a; SGB XII § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 3 Sätze 1-2, §§ 53, 55 S. 1 a.F., §§ 93-95, 102; SGB X § 102 Abs. 1, § 103 Abs. 1, § 104 Abs. 1 Sätze 1-2, § 105; BSHG § 91a; SGG § 54 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 4, § 75 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, §§ 95, 99 Abs. 3 Nr. 2, § 160 Abs. 2 Nrn. 1-2, §§ 183, 197a; VwGO § 154 Abs. 2, § 188 S. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abgeltung von Pflegeleistungen in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 43a SGB XI.
Die am 00.00.1981 geborene K. (im Folgenden: die Versicherte) ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Vor dem Hintergrund einer frühkindlichen Hirnschädigung ist sie geistig behindert. Außerdem leidet sie unter Neurodermitis. Nach den Vorgaben des SGB IX wurden ihr ein Grad der Behinderung von 100 und die Merkzeichen "B", "G" und "H" zuerkannt.
Wegen ihrer Einschränkungen lebt sie seit Jahren in einer stationären Einrichtung (M. Werkstätten gGmbH, Wohnbereich T., M1.). Daneben arbeitet sie in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Die Kosten für die Unterbringung, Betreuung und Beschäftigung werden von dem Kläger als überörtlichem Träger der Sozialhilfe u.a. als Leistungen der Eingliederungshilfe getragen.
Nachdem die Versicherte selbst einer entsprechenden schriftlichen Aufforderung des Klägers vom 17.10.2016 nicht gefolgt war, beantragte dieser bei der Beklagten mit Schreiben vom 12.12.2016 unter Hinweis auf § 95 SGB XII "im berechtigten Interesse" die Gewährung von Leistungen nach § 43a SGB XI und die damit einhergehende (Neu)Begutachtung unter Einbeziehung von Leistungen wegen eingeschränkter Alltagskompetenz.
Der von der Beklagten (noch im Dezember 2016) hinzugezogene Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) kam nach Befunderhebung in der Einrichtung in seinem Gutachten "zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI" vom 07.02.2017 zu dem Ergebnis, dass im Bereich der Grundpflege (dort allein im Teilbereich der Köperpflege) lediglich ein Unterstützungsbedarf von 1 Minute täglich und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 24 Minuten täglich bestehe; auch die Alltagskompetenz sei nicht im Sinne von § 45a SGB XI erheblich eingeschränkt.
Mit zwei gesonderten an die Versicherte adressierten Bescheiden vom 08.02.2017 lehnte die Beklagte die Zuerkennung von Pflegeleistungen einschließlich zusätzlicher Leistungen nach § 45a SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung unter Bezugnahme auf das Begutachtungsergebnis ab.
Gegen beide Bescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 17.02.2017 (erneut unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse - § 95 SGB XII) Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die Ablehnung der Pflegebedürftigkeit wie der erheblichen Ein-schränkung der Alltagskompetenz sei zu Unrecht erfolgt. Die Versicherte werde aufgrund ihrer psychischen Behinderung seit mehreren Jahren stationär betreut. Es bestehe ein erheblicher Bedarf an Beaufsichtigung und Betreuung. Dies folge aus dem beigefügten Sozial- und Verlaufsbericht der Einrichtung vom 02.11.2016 (für die Zeit von Oktober 2013 bis September 2016). Es dürfe nicht verkannt werden, dass ein großer Teil der behinderungsbedingten Schädigungen und Fähigkeitsstörungen durch das Betreuungssetting in der stationären Wohneinrichtung aufgefangen werde. Der Vorlage einer Vollmacht der Versicherten bedürfe es nicht, da es sich bei § 95 SGB XII um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft handele. Dies bedeute, dass der Kläger "vorliegend zwar ein fremdes Recht, allerdings im eigenen Namen geltend mache".
In einem zweiten von der Beklagten veranlassten Gutachten (diesmal nach Aktenlage) vom 31.07.2017 bestätigte der MDK seine Beurteilung aus dem Vorgutachten.
Durch gesonderte an die Versicherte adressierte Widerspruchsbescheide vom 08.11.2017 wies die Beklagte beide Widersprüche des Klägers als unbegründet zurück, wobei die Beklagte in ihren Ausführungen (fälschlicherweise) davon ausging, dass die Ausgangsbescheide am 05. (und nicht am 08.) 02.2017 ergangen seien. Nach dem Ergebnis der Begutachtung durch den MDK bestehe bei der Versicherten weder Pflegebedürftigkeit noch eine erhebliche Ei...