Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sozialhilfeträger. fehlende Prozessführungsbefugnis für Klage auf Gewährung von Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen nach § 43a SGB 11. keine Nachrangigkeit der stationären Eingliederungshilfe. keine Erstattungsberechtigung
Orientierungssatz
1. Die Klage eines Sozialhilfeträgers auf Gewährung von Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen nach § 43a SGB 11 in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung ist wegen fehlender Prozessführungsbefugnis iSd § 95 SGB 12 unzulässig.
2. Zwischen der stationären Eingliederungshilfe und der Leistung nach § 43a SGB 11 liegt gemäß § 13 Abs 3 S 3 SGB 11 in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung keine Nachrangigkeit iSd § 104 Abs 1 SGB 10 vor.
3. Eine Erstattungsberechtigung folgt auch nicht aus § 13 Abs 4 SGB 11 in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung iVm der auf dieser Grundlage zwischen den Pflegekassen und den Trägern der Sozialhilfe geschlossenen Durchführungsvereinbarung.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abgeltung von Pflegeleistungen in einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe nach § 43a Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).
Die am 00.00.0000 geborene S (im Folgenden: die Versicherte) ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Sie leidet u.a. an einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung mit emotionalen Störungen, posttraumatischer Belastungsstörung und Integrationsstörung, sowie den Folgen einer Alkohol-Embryopathie und teilweiser Inkontinenz. Sie ist in einer Einrichtung der Hilfe für Menschen mit Behinderungen untergebracht (Außenwohngruppe des Diakonischen Werkes, T GmbH: E-Haus, E) und bewohnt dort ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft mit zwei weiteren Mitbewohnern. Die Kosten der Unterbringung und Betreuung werden vom Kläger als überörtlichem Träger der Sozialhilfe getragen. Konkret werden seit dem 26.07.2014 bis auf weiteres Hilfsleistungen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten gem. § 55 Abs. 2 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) sowie ab dem 13.08.2016 gem. § 41 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) die Kosten der teilstationären Betreuung der Versicherten in der Werkstatt für behinderte Menschen der Bottroper Werkstätten übernommen.
Nach entsprechender Aufforderung (vom 17.10.2016) durch den Kläger beantragte die gesetzliche Betreuerin der Versicherten - Frau C - (am 24.10.2016) für diese "Leistungen der vollstationären Pflege in einer Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XI".
Der von der Beklagten eingeschaltete Sozialmedizinische Dienst (SMD) stellte (durch die Pflegefachkraft T und die Sozialmedizinerin A) in seinem Gutachten "zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI" vom 05.12.2016 fest, dass in der Grundpflege lediglich ein Hilfebedarf von 5 Minuten und in der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 20 Minuten pro Tag bestehe; auch die Alltagskompetenz sei nicht erheblich eingeschränkt.
Mit Bescheiden vom 15.12.2016 lehnte die Beklagte die Zuerkennung von Pflegeleistungen einschließlich zusätzlicher Leistungen nach § 45a SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung unter Bezugnahme auf das Begutachtungsergebnis ab.
Hiergegen (wörtlich nur: "gegen den Bescheid vom 15.12.2016") legte der Kläger unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 95 SGB XII (mit Schreiben vom 29.12.2016) Widerspruch ein. Zur Begründung führte er (mit Schreiben vom 30.06.2017) aus, die Ablehnung der Pflegebedürftigkeit wie der erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz sei zu Unrecht erfolgt. Die Versicherte werde aufgrund ihrer psychischen Behinderung seit mehreren Jahren stationär betreut. Es bestehe ein erheblicher Bedarf an Beaufsichtigung und Betreuung. Dies folge aus dem beigefügten Sozial- und Verlaufsbericht der Einrichtung vom 12.05.2016 (für die Zeit von März 2014 bis März 2016). Ab dem 01.01.2017 sei danach zumindest Pflegegrad 2 zu bejahen. Der Vorlage einer Vollmacht der Versicherten bedürfe es nicht, da es sich bei § 95 SGB XII um einen Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft handele. Dies bedeute, dass der Kläger "vorliegend zwar ein fremdes Recht, allerdings im eigenen Namen geltend mache".
Mit Schreiben vom 26.06.2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten für die übernommenen Aufwendungen (Pflegesatz stationär: EUR 115,24; Pflegesatz teilstationär: EUR 32,53) unter Berücksichtigung des in § 43a SGB XI genannten Höchstsatzes ausdrücklich einen Erstattungsanspruch nach § 102 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) - für die Zeit ab dem 01.01.2017 bis auf weiteres - in Höhe von EUR 266,00 monatlich geltend.
Der SMD verblieb in seiner erg...