Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. keine Zurückweisung von Notfallabrechnungen durch Krankenhaus bei Erstellung von privatem Dienstleistungsunternehmen. Datenweitergabe. Einwilligung. Ermächtigungsgrundlage. Sachleistungsprinzip. Beweiserhebung. Feststellungsklage. Rechtsverhältnis. Feststellungsinteresse. Anfechtungsklage
Orientierungssatz
Eine Kassenärztliche Vereinigung darf Abrechnungen von ambulanten Notfallbehandlungen von gesetzlich versicherten Patienten, die ein Krankenhaus über ein privates Dienstleistungsunternehmen erstellen lässt, nicht zurückweisen.
Normenkette
SGB V § 2 Abs. 1-2, § 73 Abs. 1b, § 75 Abs. 1 S. 1, § 76 Abs. 1 S. 2, § 85 Abs. 4 Sätze 1-2, §§ 284-285, 294-295; SGB X §§ 31, 67b Abs. 1 S. 1; BDSG § 4 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 30.08.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin die Abrechnung von ambulanten Notfallbehandlungen gesetzlich Versicherter in ihrem Krankenhaus mit Hilfe der zu 1) beigeladenen GmbH vornehmen darf.
Die Klägerin ist Trägerin des Klinikums X. Zur Abrechnung ambulanter Notfallbehandlungen gesetzlich Versicherter in den Kliniken bedient sich die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin seit Januar 1997 der beigeladenen PriA Dienstleistungen im Gesundheitswesen GmbH (im Folgenden: PriA). Mit Schreiben vom 14.03.1997 hatte das Klinikum der Beklagten mitgeteilt, es sei beabsichtigt, die Notfallscheine ab sofort über die PriA einreichen zu lassen. Die zuständige Bezirksstelle der Beklagten bat zunächst um nähere Angaben zur Einhaltung des Datenschutzes und teilte dann mit Schreiben vom 14.07.1997 mit, es sei dem Klinikum unbenommen, die Abrechnung der Notfallscheine unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen durch die PriA vornehmen zu lassen. Die Verantwortung für die Richtigkeit und die Wirtschaftlichkeit der abgerechneten Leistungen liege aber allein bei der Klägerin. Es müsse daher darauf bestanden werden, dass sie auf dem Abrechnungsformular die Gesamtaufstellung selbst unterzeichne.
Die Klägerin nimmt die Abrechnung über die Beigeladene zu 1) nur dann vor, wenn der Patient seine Einwilligung zur Weiterleitung der Daten an die Beigeladene zu 1) erteilt hat. In dem dazu eingesetzten Formular werden die Patienten auf den Zweck der Erklärung hingewiesen und ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass die Einwilligung widerruflich ist: Wegen der Einzelheiten der Einwilligungserklärung wird auf Bl. 38 GA Bezug genommen. Patienten, die zu ambulanten Notfallbehandlungen das Klinikum aufsuchen, werden in das Patientenmanagementsystem aufgenommen. Dabei wird der Notfallschein ausgedruckt und vom Patienten, soweit er dazu in der Lage ist, unterschrieben. Gleichzeitig wird dem Patienten die Einverständniserklärung zur Weiterleitung der Daten zwecks Abrechnung zur Unterschrift vorgelegt. Die Notfallscheine werden regelmäßig wöchentlich durch einen Fahrdienst von der Beigeladenen zu 1) in einer verschließbaren Hülle abgeholt. Soweit die Notfallscheine keine Gebührenziffern enthalten, werden den Leistungsbeschreibungen von - nicht ärztlichen - Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) die einschlägigen Gebührenziffern des EBM zugeordnet. Die Mitarbeiter werden dabei durch den ärztlichen Dienst der Beigeladenen zu 1) geschult und unterstützt. Die Klägerin hat via Internet über einen geschützten Kundenbereich Zugriff auf die aktuelle laufende Abrechnung. Auf diesem Weg werden Unstimmigkeiten der Abrechnung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) geklärt. Zum Quartalsende wird von der Beigeladenen zu 1) die vom zuständigen Mitarbeiter der Klägerin online eingesehene und gebilligte Abrechnung erstellt und per Diskette der Klägerin zugeleitet. Diese übersendet die Diskette zusammen mit der vom zuständigen Mitarbeiter der Klägerin unterzeichneten Erklärung über die ordnungsgemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen ("Sammelerklärung") an die Beklagte.
Die Beklagte teilte etwa seit der 2. Hälfte des Jahres 2004 allen Krankenhausträgern und ermächtigten Krankenhausärzten, die die Dienste der Beigeladenen zu 1) in Anspruch nehmen, mit, die Abrechnung durch ein privates Dienstleistungsunternehmen sei nicht möglich. § 295 Abs. 1 Nr. 2 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei dahingehend auszulegen, dass die Abrechnungslegung unmittelbar zwischen Arzt und Kassenärztlicher Vereinigung (KV) zu erfolgen habe. Auch Genehmigungen zur Abrechnung mittels Datenträger können ausschließlich Mitgliedern der KV erteilt und von diesen genutzt werden. Auch die Erklärung in der sogenannten Sammelerklärung weise aus, dass die Abrechnung vom Leistungserbringer selbst durchzuführen sei. Da der Arzt bestätigen müsse, dass die von ihm zur Abrechnung gestellten Leistungen durchgeführt worden...