Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer wirksamen Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen

 

Orientierungssatz

1. Durch die Beitragserstattung wird das bis dahin bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst und Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.

2. Eine rechtswirksame Erstattung von Versicherungsbeiträgen setzt einen wirksamen Antrag, einen bestandskräftigen Erstattungsbescheid und die Erfüllung der Erstattungsschuld durch den Versicherungsträger voraus.

3. Ist ein Beitragserstattungsverfahren dokumentiert und bestehen keinerlei konkrete Zweifel, dass der verfolgte Zweck erfüllt worden ist, so darf regelmäßig auf ein ordnungsgemäß durch Bewirken der Leistung abgeschlossenes Verfahren geschlossen werden. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass derjenige, der einen bestandskräftigen Bescheid über die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages in Händen hält, sich auch um die Auszahlung bemüht.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 13.08.2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte zu erstatten. Die Beklagte trägt Gerichtskosten in Höhe von EUR 225.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf (große) Witwenrente.

Die 1945 geborene, in Marokko lebende Klägerin ist die Witwe des 1940 geborenen und am 00.00.1993 verstorbenen marokkanischen Staatsangehörigen N B (im Folgenden: Versicherter). Sie hat nach dem Tod des Versicherten nicht wieder geheiratet.

Der Versicherte war 1965 und - mit Unterbrechungen - von 1969 bis 1975 im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigt, und hat während dieser Zeit Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Am 21.01.1975 erlitt er während der Arbeit einen Unfall, bei dem er sich eine Verletzung des rechten Knies zuzog. Nach diesem Unfall fuhr er nicht mehr an. Er war zunächst bis zum 25.05.1975 arbeitsunfähig krank, nahm anschließend vom 26.05. bis 02.06.1975 Tarifurlaub, kehrte zum 03.06.1975 ab und nach Marokko zurück.

Auf seinen Antrag vom 08.04.1977 entschied die Beklagte, dass dem Versicherten die bis zum 02.06.1975 an die deutsche Rentenversicherung entrichteten (Arbeitnehmer-)Beiträge in Höhe von DM 9.444,80 erstattet werden und wies gleichzeitig darauf hin, dass die Erstattung (Renten-)Ansprüche aus den zurückgelegten Versicherungszeiten ausschließe (Bescheid vom 07.12.1977). Dieser Bescheid ist dem Versicherten am 09.02.1978 zugestellt worden.

Auf seinen Antrag von April 1979 gewährte ihm die (frühere) Bergbau-Berufsgenossenschaft (BBG) wegen der Folgen des Unfalls vom 21.01.1975 Verletztenrente auf Dauer nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. (Bescheid vom 08.10.1980). Gegenüber der Oberpostdirektion T bemängelte der Versicherte Anfang 1990, dass die Zahlung der Verletztenrente für März 1989 nicht eingegangen sei. Im Juni 1990 wies er erneut daraufhin, dass das Geld für März 1989 noch nicht eingegangen sei. Im Juli 1990 teilte die Deutsche Bundesbank mit, dass nach Auskunft der marokkanischen Korrespondenzbank die Rentenzahlungen für März 1989 am 24.03.1989 per Scheck durch die Niederlassung in P ausgezahlt worden sei. Dazu erwiderte der Versicherte im August 1990 zunächst, dass er den Eingang des Geldes nicht nachvollziehen könne und teilte im September 1990 mit, er habe den Betrag für März 1989 bekommen und bedanke sich sehr für die gute Arbeit.

Im November 1990 beantragte der Versicherte bei der Beklagten Knappschaftsrente wegen Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit. Der Antrag blieb im Verwaltungs- und Gerichtverfahren erfolglos, weil die durchgeführten Beitragserstattung Rentenansprüche ausschließe (Bescheid vom 09.01.1991, Widerspruchsbescheid vom 28.03.1991; Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 05.05.1992; Berufungsurteil des erkennenden Senats vom 23.03.1993).

Im November 1993 unterrichtete die Klägerin die BBG vom Tod des Versicherten und bat, die Rente nunmehr an sie zu zahlen. Die BBG lehnte ab, Hinterbliebenenrente zu zahlen (Bescheid vom 05.08.1994, Widerspruchsbescheid vom 18.10.1994; Urteil des SG Dortmund vom 31.03.1995, Urteil des Landessozialgericht NRW vom 24.08.1998). Anschließend leitete die BBG den Antrag vom November 1993 an die Beklagte weiter, die ihn als Antrag auf Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bearbeitete. Sie fand keine Rentenakten des Versicherten und legte eine "Ersatzakte" an, in die sie auch die gespeicherten (verschlüsselten) Angaben zum Versicherungsleben des Versicherten einordnete (Ausdruck in Form eines sog. Kontospiegels - KTSI). Daraus ergab sich für die Beklagte, dass der Versicherte bis einschließlich 1971 auch unter dem Namen N R gemeldet und registriert war und dass ihm die bis zum 02.06.1975 entrichteten Beiträge in Höhe von DM 9.444,80 mit Bescheid vom 07.12.1977 erstattet worden waren. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab, weil durch ...

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