Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Hilfe zur Pflege. Zahlung von Pflegegeld. Tod des Pflegebedürftigen. keine Vererbbarkeit des Sozialhilfeanspruchs. Ausnahme. Sukzessionsfähigkeit. Übertragbarkeit auf AsylbLG. Sonderrechtsnachfolge. keine Anwendung im Asylbewerberleistungsrecht. Erteilung des Aufenthaltstitels. Vorliegen besonderer Umstände gem § 6 Abs 1 S 2 AsylbLG

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Sozialhilfe ist in der Regel nicht vererblich (vgl LSG Essen vom 19.4.2010 - L 20 SO 44/08 und vom 29.2.2008 - L 20 B 9/08 SO). Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung des BVerwG jedoch für die Fälle, in denen der Betroffene seinen Bedarf mit Hilfe eines auf die spätere Bewilligung der Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat (vgl BVerwG vom 5.5.1994 - 5 C 43/91 = BVerwGE 96, 18). Diese Ausnahme wird für Ansprüche auf Pflege in Einrichtungen oder auf Pflegegeld durch die Regelung des § 19 Abs 6 SGB 12 bzw § 28 Abs 2 BSHG flankiert (vgl BSG vom 1.9.2008 - B 8 SO 12/08 B = SozR 4-1500 § 183 Nr 8). Die Regelung des § 19 Abs 6 SGB 12 deutet darauf hin, dass ein Pflegegeldanspruch nach § 64 SGB 12 grundsätzlich sukzessionsfähig ist und nicht automatisch mit dem Tod des Berechtigten untergeht. Ein solches Ergebnis stellt eine Übereinstimmung mit dem Pflegegeldanspruch des § 37 SGB 11 her. Dieser ist nach der Rechtsprechung des BSG gem § 58 S 1 SGB 1 vererblich (vgl BSG vom 6.2.1997 - 3 RK 8/96 = SozR 3-2500 § 57 Nr 6).

2. Die Grundsätze betreffend der Sukzessionsfähigkeit des Sozialhilfeanspruchs im Allgemeinen bzw des Anspruchs auf Pflegegeld gem § 69a BSHG bzw § 64 SGB 12 im Besonderen für den Fall, dass der Bedarf durch einen vorleistenden Dritten gedeckt wurde, sind auf Leistungen des AsylbLG übertragbar.

3. Eine Rechtsnachfolge des Erben ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil nicht er, sondern der Ehepartner des Verstorbenen Rechtsnachfolger geworden ist (§ 58 S 1 SGB 1). Die Regelungen über die Sonderrechtsnachfolge gem §§ 56 bis 59 SGB 1 finden im Rahmen des AsylbLG keine Anwendung.

4. Für die Anwendbarkeit der Regelungen iS von § 28 Abs 1 Nr 4 SGB 1 ist auf die Erteilung des "stärkeren" Aufenthaltstitels des § 25 Abs 3 AufenthG (juris: AufenthG 2004) abzustellen. § 1 Abs 1 Nr 2 und 3 AsylbLG knüpften an den "Besitz" des Titels und § 1 Abs 2 AsylbLG an dessen "Erteilung" an. Nicht ausreichend ist, wenn zwar die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der zur Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen nach dem SGB 12 oder dem BSHG berechtigt, erfüllt sind, der Titel selbst aber noch nicht erteilt wurde.

5. Geldleistungen, wie sie § 69a BSHG bzw § 64 SGB 12 für die Sozialhilfe vorsieht, können nach § 6 Abs 1 S 2 AsylbLG nF nur bei Vorliegen besonderer Umstände gewährt werden (vgl VGH München vom 14.7.2000 - 12 B 99.1545 und vom 6.4.2001 - 12 B 00.3269 = FEVS 53, 45 und BVerwG vom 20.7.2001 - 5 B 50/01).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.12.2012; Aktenzeichen B 7 AY 1/11 R)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 17.7.2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren im Rahmen des Leistungsbezuges nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) die Zahlung von Pflegegeld.

Die am 00.00.1925 geborene Klägerin zu 2) war verheiratet mit dem am 00.00.1918 geborenen und am 00.00.2007 verstorbenen C. Beide wurden im heutigen Serbien-Montenegro geboren. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Neben zwei im Kosovo bzw. in Italien lebenden Töchtern handelt es sich dabei um zwei Söhne, die beide in F leben. Einer der beiden Söhne ist der am 00.00.1960 geborene jetzige Kläger zu 1), der durch Beschluss des Amtsgerichts F vom 2.6.2004 zum Betreuer seines Vaters und mit Beschluss des Amtsgerichts F vom 9.3.2005 zum Betreuer seiner Mutter - der Klägerin zu 2) - bestellt wurde. Der Kläger zu 1) lebt seit längerer Zeit mit seiner am 00.00.1973 geborenen früheren Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau sowie den aus dieser Verbindung hervorgegangenen, in den Jahren 1997, 2000 und 2001 geborenen Kindern im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Die Familie des Klägers zu 1) steht laufend im Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG.

Die Klägerin zu 2) und ihr Ehemann reisten im Oktober 2003 in das Bundesgebiet ein. Nach einem kurzen Zwischenaufenthalt in Dortmund übersiedelten sie nach F, wo sie zunächst in die Mietwohnung des Klägers zu 1) und seiner Familie einzogen. Zum 1.4.2004 mieteten sie dann in demselben Haus eine eigene Wohnung an.

Der Asylantrag der Klägerin zu 2) und ihres Ehemannes wurde mit Bescheid vom 28.7.2005 abgelehnt. Gleichzeitig wurde jedoch ein Abschiebeverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bezogen auf Serbien-Montenegro anerkannt. Vor diesem Hintergrund erhielten die Eheleute von der Ausländerbehörde der Beklagten unter dem 27.10. 2005 eine Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG. Für den Zeitraum davor waren ihnen ausl...

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